Veröffentlicht: 15.12.2023. Rubrik: Unsortiert
GAR
Gar oder nicht gar zu erfahren in dr eneuesten Wochengeschichte aus meiner Feder:
GAR
Gemütlich sitze ich im Lehnstuhl nach einem sehr schmackhaften Mahl, das meine Gattin für mich zubereitet hat. Lese den Lokalteil meines Lieblingsblatts, dessen Lektüre ich bis zum Abend aufgespart habe. Weltpolitik am Morgen auf nüchternen Magen, um meinen Appetit zu zügeln, fürwahr eine hervorragende Taktik, wie meine Freunde mir jeweils attestieren. Lokales am Abend, um einen guten Schlaf ohne jeden Gewissensbiss zu bereiten. Heute fällt mir ein rot umrahmtes Kleininserat zu einer Neueröffnung eines Lokals ganz in unserer Nähe auf. GAR sein Name.
„Das trifft sich gut“, rufe ich meiner Gemahlin zu, die sich im Nähzimmer ihrem Steckenpferd widmet. „Du liebst doch so Gegartes, da werde ich dich kritische Gastro-Geniesserin ohne die Umwelt mit Abgasen zu belasten öfter ausführen können.“
„Passt“, antwortet sie. „Freue mich“, ergänzt sie mit ihrer so lieblichen Stimme, der ich immerfort zuhören könnte. Tag und Nacht!
Nehme mir vor, die Aussenansicht des neuen Gastrotempels mit Gegartem bei meinem nächsten Spaziergang einer Ausseninspektion zu unterziehen. Oberziehen lieber nicht. Da warte ich, bis der hoffentlich frackbewehrte Ober uns einen Platz zuweisen wird.
Die Inspektion verläuft befriedigend, obwohl noch kein Blick ins Innere möglich ist. Augenblick-Abwehr ist vollkommen aufgebaut, was auf höchste Qualität schliessen lässt. Immerhin leuchtet bereits die Lichtreklame in goldenen Lettern: ‚GAR - das einmalige kulinarische Erlebnis!‘. Das Ausrufezeichen frech in leichter Schieflage, die auf Windstärke 5 Beaufort schliessen lässt. Vorfreude ist ein Teil der gastronomischen Erlebnisse, und so suche ich, kaum in unsere Wohnung zurückgekehrt, im Internet nach dem Genusspalast, der hoffentlich bald eröffnen wird. Werde fündig. Sehe, dass eine Einladung zum Eröffnungsessen ausgeschrieben ist. Nicht billig. Aber was soll‘s. Man lebt nur einmal. Und meiner Gemahlin eine Freude zu bereiten, fühlt sich gar himmlisch an. Da auf die beschränkte Platzzahl hingewiesen wird, entscheide ich mich, obwohl unser Haushaltsbudget, ohne auf die Notgroschen zurückzugreifen, dies nicht erlauben würde, mich subito anzumelden und gebe meine Kreditkartennummer samt Prüfzahl ein. Bekomme sogleich eine Bestätigung der Reservierung, verbunden mit dem Glückwunsch, die beiden letzten Plätze zugesprochen bekommen zu haben. Ergattert, denke ich erfreut. Und gleichzeitig erobern als Wirbelsturm folgende Worte mein Hinterstüblein: ‚Was unternimmt man nicht alles, um die Partnerin bei Laune zu halten, besonders da ich mir nichts aus Gegartem mache‘.
Der erfreuliche Tag ist angebrochen. Ich gebe die Nachricht des Abendvergnügens, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nur unter grösster Anstrengung aller meiner Lippenzügelungen geheim gehalten habe, beim Frühstück bekannt. Ein freudiges Lächeln hüpft fröhlich über ihre Lippen. Lässt die Wangengrübchen listig Hopser unternehmen.
Sie legt mir am Abend die besten Kleider samt roter Fliege bereit. Schliesst die silbernen Manschettenknöpfe an dem Festtagshemd mit dem hohen Vatermörderkragen, als seien es Handschellen. Und los geht’s!
Ein Gedränge vor dem Lokal. Luxuslimousinen fahren vor. Uniformierte Fahrer halten Wagenschläge auf. Parfümwolken umgaukeln meine Nase. Meine Gattin stellt mir die Frage, ob wir nicht fehl am Platz seien. Ich beruhige sie. Antworte, wir leben doch in einer Demokratie, in der alle gleichberechtigt sind.
Werden von einem befrackten Maître d‘Hôtel an ein Ecktischchen geführt. Katzentischchen, denke ich, ohne es auszusprechen. Eine lange Ansprache der 7 Eigentümer lässt die Magensäfte sieden. Den Hunger auf ein Ausmass steigen, das kaum mehr auszuhalten ist. Aber Gegartes muss verdient sein, flüstere ich meiner Liebsten zu.
Nach einem Tusch durch das Blasorchester, das den Abend begleitet, wird die Verteilung der Speisekarte für das typische Überraschungsmenü, das Standard des Lokals werden soll, angekündigt. Und schon bringt es der Befrackte an unser Tischchen. Es wird verschlossen in einem mit den goldenen Lettern GAR beschrifteten Briefumschlag überreicht. Ich überlasse meiner Partnerin das Öffnen.
Ritsch ratsch – mit dem Dessertmesser wird er entjungfert. Und über die ganze Seite steht wiederum in goldenen Buchstaben:
GAR(nix) …
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
G A R G E R I C H T
Gar meint so weit die Welt
So viel bereits eingestemmt
All das was an allen Ecken klemmt.
Was heisst klemmt
Viel eher brennt
In dieser Welt
Unter dem pensionierten
Ehemalig blauen Himmelszelt
Drohnen es umschwirrt nun verwirrt..
Herzlichst
François Loeb
Die Wochengeschichte 'GAR' Ihren Kontakten weiterleiten und zum Testen der kommenden kostenlosen und werbefreien Wochengeschichten über francoisloeb.com besonders jetz mit den Wünschen für die kommenden Festtage einladen! Danke!