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3xhab ich gern gelesen
geschrieben von Mazzup (Mazzup).
Veröffentlicht: 08.07.2023. Rubrik: Nachdenkliches


Ein Gespräch unter Freunden

Es sitzen zwei Freunde im Auto und fahren wie üblich am Montag zur Arbeit, auf der Autobahn A1, von Zürich nach Sankt Gallen. Sie überholen einen Tiertransporter, im Fahrzeug ist es still, draussen verschleiert der Nebel die Farben und alles erscheint in verschiedenen Grautönen, was an einem Novembertag früh morgens im Flachland der Schweiz nicht unüblich ist. Der Fahrer konzentriert nach vorne blickend, der Beifahrer versunken in seinen Gedanken, schaut trotzdem dem Tiertransporter nach und bricht auf einmal die Stille mit der Bemerkung: sieh nur, da werden Rinder zum Schlachthof gefahren. Sie erleben die letzten Augenblicke ihres Lebens und ich sitze gemütlich und mitverantwortlich in deinem komfortablen Fahrzeug. Der Fahrer erwidert: meinst du denn, dass du besser dran bist als dieses Vieh?

Beifahrer:
Klar doch, wir fahren ja nicht zum Schlachthof. Und obwohl ich momentan an einer Montagsdepression leide, ist es noch nicht so schlimm, wie es für dieses Vieh sein muss, wenn es wüsste, wohin es jetzt gefahren wird.

Fahrer:
Ja, aber wir fahren in eine unbestimmte Zukunft und sterben wirst du früher oder später auch, oder?

Beifahrer:
Einverstanden, in dieser Hinsicht hast du ja recht.

Fahrer:
Weisst du, sie werden zur süssesten Zeit ihres Lebens umgebracht, noch bevor das Leben zu einer ernsthaften Angelegenheit werden kann. Meiner Meinung nach sind sie noch besser dran als wir.

Beifahrer:
Na komm, jetzt übertreibst du aber.
Bist du todessehnsüchtig?

Fahrer:
Ganz und gar nicht. Weisst du, wie du sterben wirst?

Beifahrer:
Nein, Gott sei Dank.

Fahrer:
Vor allem weisst du nicht, wie lange dein Sterbeprozess vonstattengehen wird. Wird dein Leidensweg lang oder kurz sein? Wird es dir bewusst werden, dass du am Abwinken bist oder eher nicht? Meinst du, diese Rinder stellen sich diese Fragen auch?

Beifahrer:
Eher nicht. Trotzdem kannst du das nicht mit 100%iger Sicherheit sagen und doch werden sie so jung getötet. Sie hätten noch das ganze Leben vor sich.

Fahrer:
Richtig, wir können es nicht mit Sicherheit wissen, was in einem Tier vor sich geht, deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, es mit uns Menschen zu vergleichen und daraus Annahmen zu ziehen. Denn schlussendlich, sind wir auch Tiere und dadurch mit ihnen verwandt. Als Kind, war dir dazumal deine Existenz, so wie heute, bewusst? Als Teenager, hast du dir tausende Gedanken über deine Zukunft gemacht? Hattest du Sorgen, um deine eigene Existenz? Bist du der Meinung, diese Kälber und Rinder haben diese Sorgen? Könnte es nicht sein, dass das Tier nicht einmal bemerkt, was mit ihm geschieht?
Ist es für einen alternden Menschen, dem bewusst wird, dass seine Energie langsam nachlässt und dadurch seinen Leidenschaften nicht mehr nachgehen kann, einfacher? Oder ist es einfacher 100 Jahre alt zu werden und die meisten Mitmenschen zu überleben, die einem am Herzen gelegen sind. Ich bin davon überzeugt, und ich denke auch du, dass manche leidende Menschen, die keine Aussicht auf Linderung, ganz geschweige denn auf Heilung haben, mit diesen Rindern liebend gerne den Platz tauschen würden. Konkret gesagt, die sich einen kurzen und schmerzlosen Tod wünschen.

Beifahrer:
Aber woher nehmen wir uns das Recht, über den Zeitpunkt des Todes von diesen Tieren zu bestimmen? Halten wir uns denn für Gott?

Fahrer:
Nein, das hat mit Gott nichts zu tun, dieses Tier existiert auf diese Art und Weise, weil wir es so gewollt haben. 1. Wir haben diese Rassen über Generationen gezüchtet, dadurch existieren diese Tiere nicht in der freien Natur. Sehr wahrscheinlich würde es in der freien Natur zugrunde gehen, denn die meisten Kälber würden ohne Antibiotika so oder so nicht alt werden, da sie eben total überzüchtet sind. Die Natur züchtet die Lebewesen durch die Gesetze der Evolution, konkret gesagt, durch natürliche Auslese. Wir nicht! 2. Wir züchten unter den Bedingungen des Marktes. Gezüchtet haben wir diese Tiere für ganz spezifische Bedürfnisse: Arbeitshilfe, Fleischerzeugnis und Milch. Wir waren in früheren Zeiten, von diesen Tieren abhängig. Wenn wir dieses Tier gemacht haben, sollten wir auch die Verantwortung übernehmen und es wieder wegmachen, die Natur wird uns dankbar sein. Ausserdem gibt es im Leben keinen Akt, das begrüsst gegessen zu werden, betreffe es ein Mineral, Pflanze oder Tier. Weil das Objekt, das wir essen, uns nicht mitteilen kann, dass es nicht gegessen werden möchte, heisst noch lange nicht, dass es dem Akt des Gegessen werden zustimmt.
Das einzige Mal, wo ich persönlich von solch einem Akt gehört habe, war von einem Menschen, der einem anderen Menschen eingewilligt hat, seinen Penis zu verspeisen. Und das passierte nicht weit weg von hier, nämlich in Rothenburg, einer deutschen Ortschaft. Aber wenn ich ganz ehrlich mit dir sein soll, auch nach dieser ausführlichen Erklärung meiner eigenen Sichtweise zu diesem Thema und so plausibel diese für mich selber auch klingen mag, wenn ich beim Wandern ein Kalb auf der grünen Wiese anschaue, verspüre ich ein schlechtes Gewissen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 10.07.2023:

So denken fast alle Tiere (Menschen).

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