Veröffentlicht: 04.12.2018. Rubrik: Menschliches
Ein erfüllter Traum
Ich habe es getan! Ich stehe tatsächlich im großen Konzertsaal des Opernhauses. Es war schon gruselig in dem kleinen Raum mit den Reinigungsmitteln, in dem die Putzfrau ihre Haarbürste auf der Ablage des kleinen Spiegels hatte liegenlassen, und ich hatte Angst, das auch dieser Raum zugesperrt werden würde, doch sie ließen ihn offen und ich kämpfte mich durch die Dunkelheit der Flure hierher.
Mein Traum steht kurz vor der Erfüllung.
Gerade fand ich den Schalterkasten, der zum Glück ordentlich gekennzeichnet ist und schalte das Oberlicht des Hauptsaales ein. Einsam aber majestätisch steht der große Steinway Flügel in der Mitte der Bühne. Wenn die Klappe verschlossen ist, war alles umsonst.
Langsam und mit Respekt trete ich an das Instrument.
Endorphine durchfluten mich, als ich den Deckel anhebe.
Das Blatt mit den Noten fällt mir aus der Hand. Ich bin nervös.
Mit Ehrfurcht will ich den Akkord anschlagen, der mir als Einleitung am dramatischsten erscheint: B Moll. Dann wird es doch ein einfacher E Dur Akkord. Es klingt wunderschön . Wie der alles auflösende und erleichternde Schlussakkord einer langen Traumreise auf dem Piano. Der Ton klingt lange und als er verklungen ist, sitze ich noch eine Weile vor den schwarzen und weißen Tasten. Seelig vor Glück.
Dann schließe ich den Deckel und verlasse das Opernhaus durch den Lieferanteneingang.
Ein halbes Jahr lang habe ich drei Akkorde geübt, die zur Auswahl standen und es hat sich gelohnt.
Klavierspielen kann ich nicht.