Veröffentlicht: 07.10.2022. Rubrik: Menschliches
Eine solche Begegnung wünscht man sich keinmal
Mädchen stieg ein in einen Bus. Sie ist nicht allzu hübsch, aber auch nicht allzu hässlich. Doch ihr Gesicht strahlte. Bei jedem lächeln erleuchtet die Welt ein wenig und wird zu einem besseren Ort.
Zur gleichen Zeit stieg ein junger Mann ein. Schwarze Lederjacke. Zerrissene Jeans. Noch eine Zigarette im Mund die er vor dem Eintreten in den Bus lässig auf den Boden warf. Der Rauch war noch in der Luft. Ein leichter Windzug wehte durch seine Haare und er legte sie durch eine Handbewegung zurück und sie sahen noch besser aus als sie es davor waren.
Das Mädchen wurde von diesem Auftreten natürlich erschüttert und wurde schüchtern. Ein Teil von ihr war hingerissen und ein Teil verabscheute ihn bis aufs Tiefste, oder vielleicht waren es einfach die Vorstellung der Gesellschaft, die ihr das Gefühl gab ihn so zu hassen. Denn sie wusste ja noch gar nichts von ihm. Außer dass er für sie perfekt war. Auch wenn die Mutter ihn nicht begrüßen würde, dachte sie sich.
Auf jeden Fall setzte er sich auf ein Platz und summte vor sich hin ein Lied. Das Mädchen lauschte leise hin und erkannte es augenblicklich, oder sollte ich ohrhörlich sagen. Und sie hatte ein kleines Schmunzeln auf ihrem Gesicht. Denn es war ihr Lieblingslied, oder es wurde ganz genau zu diesem Moment ihr Lieblingslied. Dies Lied war auch in den Charts und wurde im Radio rauf und runter gespielt. Und sie dachte sich nur, was dies für ein Zufall war, dass sie so einen Mann traf, der genau ihr Lied summte. Das war ein Zeichen des Universums. Da hatten die Maja wenig zu sagen mit ihren Weltuntergang Prophezeiungen. Sie malte sich in ihrem Kopf schon die verschiedensten Szenarien aus. Wie sie am Strand spazieren und in den Sonnenuntergang gehen. Wie sie zum Essen ausgehen und er wie ein Gentleman ihr den Platz zum Sitzen anbietet, den Stuhl leicht zurückschiebt und ihr beim Hinsetzen tiefgründig in ihr Inneres schaut. Wie sie jede Nacht unter der Bettdecke zu einem fusionieren und das für den Moment auf ewig und immer.
Na ja, jedenfalls wurde sie von ihrem Tagtraum durch ein starkes Bremsen des Busses in die noch nicht allzu schöne Realität zurückgezogen.
Sie stieg aus. Er stieg aus. Ihr wurde mulmig. Die Aufregung konnte sich kaum in ihr halten. Sie spürte seine überwältigende Präsenz. Sie ging paar Schritte weiter und drehte sich dann langsam um. Was sie aber sah, hätte sie in keinem ihrer Leben erwartet. Der Junge sprach sie an, jedoch verstand sie kein Wort, denn er war volltrunken.
Er sah beim näheren Hinsehen übel aus. Zähne gelb, Nägel lang und dreckig. Er versuchte jedoch das junge schöne Mädchen durch ein Kunststück wieder für sich zu gewinnen.
Der Junge holte leicht wankend Anlauf um seinen Salto auszuführen in der Intention das Mädchen zu beeindrucken, aber er sah die Laterne nicht, die vor ihm stand. Er führte den Salto aus und landete zwar mit seinen Füßen, jedoch war er noch träge und flog mit dem Gesicht gegen den Pfosten der Laterne und es machte ein dumpfes Geräusch. Seine gelben Zähne klapperten auf den Boden. Die noch so schönen Haare, standen jetzt in alle Richtungen. Das Mädchen sah sich das ganze Spektakel an und war erst mal still. Sie wusste nicht was sie denken sollte. All ihre Gedanken am Anfang, dann dieses widersprüchliche Auftreten und am Ende ein tragisches Ende. Sie fing an zu lachen. Erst leise, dann immer lauter und noch lauter. Es schien als halle ihr Schrei durch ihr Kopf immer und immer wieder. Das Mädchen schien verrückt zu werden. All diese Emotionen und sie konnte sie nicht wiedergeben, nicht alle zur selben Zeit, aber sie alle drangen aus ihr, nämlich so.
Der Junge rappelte sich wieder auf, mit einer eingefallenen Stirn und zahnlosen Ausdruck. Er war nicht erfreut das über ihn gelacht wurde. Auch war er noch volltrunken und sein eingedrückter Schädel ließen ihn nicht klar denken, jedoch wusste er eins. Er wollte nicht ausgelacht werden und er hörte ein Lachen. Er ging in die Richtung des Mädchens hob seine Faust und schlug sie. Doch daneben. Sie fing an lauter zu lachen. Er wurde noch aggressiver. Er holte aus und schlug sie gegen die Schläfe. Das Mädchen viel auf den Boden und wurde bewusstlos. Das Lachen jedoch hallte immer noch. Jetzt war es in seinem Kopf.
Der Junge schrie sie an. Für ihn lachte sie immer noch. Für alle war es leise. Nur sein Geschrei.
Er hob sein Knie an und trat so doll zu wie er konnte. Ihr Schädel knackste. Er tat das wieder und wieder und wieder. Er bemerkte, dass sein Fuß in einem schlammartigen Maße feststeckte und holte ihn langsam raus. Er bemerkte es. Das Lachen war verschwunden. So auch das Mädchen, welches er im Bus betrachtet hatte. Er dachte sich, wahrscheinlich hat er es übersehen und sie ist gegangen. Er fing an zu lachen. Ohne Grund und ohne Scham war das Lachen. Sein Kopf platzte förmlich und er konnte nicht mehr bewusst handeln. Er lachte weiter. Ein noch fast befestigter Zahn löste sich. Durch das gewaltige Lachen bewegte er sein Kopf allzu doll und der Zahn löste sich. Das Lachen hörte auf. Er hatte sich verschluckt. Nach kurzer Zeit starb er durch seinen eigenen Zahn. Stille.