Veröffentlicht: 25.09.2018. Rubrik: Persönliches
Überheblichkeit ist eine Sünde, Geduld eine Tugend
Es war der letzte Schultag eines Schuljahres, welches mir wie eine Schulwoche vorgekommen ist. Ein ungewöhnlicher Satz aus dem Mund eines Schülers? Durchaus, jedoch habe ich dafür einen guten Grund: Maria. Maria war meine bezaubernde Banknachbarin. Sie ist wie von Udo Jürgens beschrieben: „17 Jahr, blondes Haar“.
Als sie mich zu Beginn des Semesters fragte, ob ich neben ihr sitzen wolle, gab es keinen Moment des Zögerns. Im Laufe des Jahres entwickelten wir uns zu Freunden wie aus dem Lehrbuch. Es kam nicht selten vor, dass uns Lehrer fragten, ob wir ein Paar seien. Doch jedes Mal mussten wir (leider) verneinen. Warum wir das nicht waren wusste keiner. Aber gerade deshalb sollte es der Sommer meines Lebens werden. Ich war fest überzeugt, sie in den kommenden zwei Monaten klar zu machen.
Doch zurück zum letzten Schultag. Es gab eine kleine Abschlussfeier und nach der Zeugnisvergabe beschlossen wir noch etwas trinken zu gehen. Wir hatten jede Menge Spaß, doch dann kam der Zeitpunkt, der kommen musste und unsere Wege trennten sich.
Maria und ich umarmten uns innig. Mich überkam ein Schauer und mir wurde klar, dass sie die Richtige ist. So ein Gefühl von Wärme, Glück und Stolz hatte ich zuvor noch nie. „Hoffentlich sehen wir uns im Sommer wieder.“ Dies Worte aus ihrem Mund zu hören setzte noch einen drauf. Also startete ich zufrieden und verliebt in den Sommer. Dieser Satz blieben mir noch lange im Kopf. Ich glaube ich kann behaupten, dass ich über beide Ohren verliebt war.
Über den Sommer hatten wir jedoch nur über WhatsApp Kontakt, was mich nicht weiter störte. Schließlich war ich mir sicher, dass sie schon mir gehört. Wenn ich an sie dachte fiel mir die Arbeit viel leichter als sonst. So verging der Sommer in Windeseile, ohne dass ich sie gesehen habe.
Dann kam mit September auch der erste Schultag, der auf einen Mittwoch fiel. Ziemlich ungewöhnlich, aber was solls, ob ich Maria am Montag oder am Mittwoch sehe, macht keinen Unterschied.
Mittwochmorgen war ich noch nie so aufgeregt wie damals. Immerhin würde ich heute meine Flamme wiedersehen. Als ich die Klasse betrat, suchte mein Blick sofort diese Schönheit. Unsere Blicke trafen sich und sie strahlte wie ein Engel. Auch ich wusste nicht wie mir geschah. Wir begrüßten uns mit einer noch leidenschaftlicheren Umarmung als wir uns verabschiedeten. „Weißt du wie ich dich vermisst habe?“. Schon fast mit Tränen in den Augen trafen mich ihre ersten Worte. „Niemals so sehr wie ich dich.“, flüsterte ich zurück.
Nach den zwei Schulstunden versprach sie mir noch, einen Platz neben ihr für mich zu reservieren. Spätestens jetzt fühlte ich mich wie der König der Welt. Mein Traummädchen zeigte mir, dass sie auch dieses Schuljahr mit mir verbringen wolle.
Doch aus dem 7. Himmel kam ich schnell wieder auf den Boden der Realität zurück, als ich am nächsten Tag die Klasse betrat. Der Platz neben ihr war bereits besetzt. Sie hatte mich einfach durch den Nächstbesseren ersetzt. Es fühlte sich an, als ob mir Wladimir Klitschko höchstpersönlich einen Schlag in den Magen verpasste. Ich hätte kotzen können. War das Vermissen alles nur vorgespielt? Oder wollte sie einfach nur provozieren, dass ich sie erobere?
Auch die Tage danach beachtete sie mich nicht großartig, um nicht zu sagen, dass sie mir aus dem Weg ging. Dieses Verhalten gab mir Anlass dazu, den gesamten Sommerchat noch einmal zu lesen und nachzudenken, ob ich etwas falsch gemacht habe. Diese Tat öffnete mir schlagartig die Augen. Der Verlauf ging einseitig von mir aus. Sie schrieb immer erst nach mindestens 8 Stunden zurück. Ich fragte bestimmt 10-mal, ob sie mit mir ausgehen wolle oder ob wir ins Kino gehen. Doch jedes Mal hat sie mich abserviert. Sie hat nicht abgesagt, sondern ist in der Disko einfach nicht aufgetaucht und am nächsten Tag kam ein ums andere Mal eine billige Ausrede. Und mir Idiot ist das nicht aufgefallen. Liebe macht also wirklich blind.
So begann eine ziemlich schwierige Zeit für mich. Ich flüchtete mich zum Alkohol und zu den Zigaretten, um den Kummer und die Sehnsucht zu unterdrücken. Schließlich ging es so weit, dass ich nicht mehr nüchtern zur Schule ging, um ihren Anblick ertragen zu können.
Auf diese harte Zeit bin ich alles andere als stolz, doch dann entdeckte ich das Lied „Wir gewinnt“. Darin geht es um einen Mann, der ähnlich unglücklich verliebt ist wie ich. Mit ihm konnte ich mich gut identifizieren und die letzten Zeilen des Liedes halfen mir aus der Depression: „Loss ned zu, dass di für sie verbiagst (…) Wir gewinnt und donn verlierts, weil du Liebe nie allane gspiast.“ Dieser eine Satz gab mir den Ansporn, mich nicht zu verändern und wieder zu meinem alten ich zurückzukehren.
Im Laufe des Schuljahres lasen wir eine Lektüre, in der es um Sehnsucht und um unerreichbare Liebe geht. Darin kommt eine Szene auf dem Schulball vor, in dem die zwei Verliebten zu „Je t’aime“ tanzten. Unsere Deutschlehrerin wollte uns dieses und weitere Lieder, die im Buch vorkamen, zeigen. Als sie Je t’aime abspielte, fragte sie provokant, ob jemand zu dem Sexlied schlechthin tanzen wolle. Ich weiß nicht woher ich den Mut nahm, aber ich stand auf, ging zu Maria und fragte sie, ob sie mit mir tanzen will. Zuerst schaut sie mich nur mit großen Augen an. Als ich bereits wieder abdrehen will, nimmt sie meine Hand. Ich tanze also mit meiner Geliebten vor der gesamten Klasse zu Je t’aime. Kaum zu glauben. Alle unsere Mitschüler feuern uns an. Unsere Köpfe sind Stirn an Stirn. Wir haben nur noch Augen für uns. „Ich glaube wir haben noch etwas nachzuholen.“ Nach diesem Satz treffen sich unsere Lippen und wir küssen uns vor der gesamten Klasse.
Ich würde mich auf ehrliches Feedback freuen. Bei genügend Nachfrage und Interesse könnte ich die Geschichte auch noch mit mehr Details ausschmücken, da sie auf wahre Erfahrung beruht.