Veröffentlicht: 24.04.2022. Rubrik: Lyrisches
Kirschlikör
Der Hilde wird das Leben schwer,
doch hat sie einen Freund - den Kirschlikör!
Im Garten blüht der Eisenhut
und auch die Kräutlein wachsen gut.
So hat sie hin und her gesonnen
und dann die Arbeit gleich begonnen...
Her mit dem guten Kirschlikör,
den mag ein jeder sehr!
Ein Tröpflein dies, ein Spritzer das
- ach, das wird ein Heidenspaß!
Rasch abgefüllt in eine Flaschen,
und die nach links, rechts die zum Naschen.
Wie hasst sie dieses Hundevieh,
den dicken Mops von der Sophie...
Sie lockt ihn an, er freut sich sehr
und frisst den Keks mit Kirschlikör.
Am nächsten Morgen - welch Geschrei -
der Mops ist tot, oh weih, oh weih!
Die Hilde, ja die freut das sehr
und trinkt vom rechten Kirschlikör.
Dann denkt sie, was sie sich sonst verwehret,
dass auch der Gustav sie nur störet...
Schon ist es Zeit für's Abendmahl,
sie greift zur linken Flasch' - ein zweites Mal.
Dem Gatten, ja dem mundet's sehr,
er möchte noch 'nen Kirschlikör.
Ein wenig müde wird der Gustav
- so geh schon vor ins Bett und schlaf!
Die Hilde, die hat durchgewacht
und als sie morgens um halb acht
ans Bette tritt, sieht sie zufrieden,
der Gustav ist heut' nacht verschieden...
Die nächste Woch', da denkt sie,
sollt ich nicht auch Sophie?
Die mocht' sie schließlich nie!
Und dass sie damals mit dem Gustav...
Ja, das wäre nur gerechte Straf' !
Der Gedanke gefällt ihr mehr und mehr,
jetzt braucht's noch einen Kirschlikör.
Sie greift zur Flasche, da klopft's an der Tür,
sie stellt sie zurück, keine Zeit dafür.
Der Briefträger ist's mit Beileidskarten,
na und dafür sollt' sie warten?
Sie schenkt sich ein ihren Kirschlikör,
ein großes Glas, das braucht sie nun sehr.
Sie leert es aus und denkt an Sophie,
ach, so süß schien ihr der Likör noch nie.
- Doch plötzlich fühlt sie sich so arg berauschet,
oh weh, sie hat in der Eile die Flaschen vertauschet...