Veröffentlicht: 07.07.2018. Rubrik: Persönliches
Mein Alltag
Sie sind jung, haben sich hübsch gemacht und schauen mich alle an. Die meisten ungefähr in meinem alter. Während ich sie so betrachte, fällt mir auf, dass sie einige Gemeinsamkeiten besitzen,
angefangen bei den knappen Kleidern und der überdurchschnittlichen Oberweite, über diesen merkwürdigen Blick der einem wahrscheinlich das Gefühl geben soll geil zu sein; in dieser Disziplin scheitern sie bei mir auf ganzer Linie, doch dafür schaffen sie was anderes. Sie erinnern mich alle daran, dass ich mit 20 Jahren immer noch keine Freundin hatte, nicht weil ich eine dieser sexualisierten Puppen auf den Zeitschriftencovern besonders toll finde. Nein... einfach weil es Frauen sind.
Gerade bin ich dabei die neue Ausgabe der „Joy“ mit der alten auszutauschen, als ich in der nähe der Kasse ein energisches Räuspern höre. Mal wieder ein halb betrunkener Reisender der dafür sorgen muss, dass sein System in Schwung bleibt. Ohne was zu sagen Scanne ich die zwei Flaschen Bier ab und ernte ein entsetzten Blick als auf der Anzeigetafel 5,04€ erscheint. Preise wie in der Tankstelle. Der Mann nuschelt ein paar Sätze von denen ich nicht viel mehr als „Wucher“, „früher“ und „Arschloch“ verstehe. In meinen Gedanken brülle ich zurück: „Halte Sie doch die Fresse, warum denken alle ich bin hier für den Laden verantwortlich, denken Sie ich mach hier die Preise?! Bekomme selbst nur Mindestlohn, muss um 4:45Uhr aufstehen und auch am Wochenende arbeiten!“
Nach einer gefühlten Ewigkeit kramt der Mann das Geld aus seinem Portmonee und bezahlt. Natürlich. Wir stehen im einzigen Laden am Bahnhof der Alkohol verkauft.
Ich habe immer noch nichts gesagt. Warum auch? Es ist bald acht. Feierabend.
Noch einmal den Laden kehren, abschließen, Geld zählen.
Ich wünschte ich wäre einer dieser Menschen die über so was lachen oder einfach vergessen könnten, doch dass heute auch noch Geld in der Kasse gefehlt hat verstärkt nur das Gefühl, mal wieder einen Tag verschwendet zu haben.