Veröffentlicht: 17.03.2022. Rubrik: Unsortiert
Sibylle, hinten mit Y.....Fortsetzung von Wen Gott liebt:::::
Einmal in der Woche trafen sich alle Erzieher- und Erzieherinnen um Informationen auszutauschen, Ergebnisse abzufragen und Zukunftsmusik zu hören. So teilte uns unsere Chefin mit, dass es Veränderungen geben würde auch hinsichtlich der Personalbesetzung. Erwartet wurde eine junge Erzieherin aus dem Schwaben-Ländle. „Jule, du bekommst sie zum Einarbeiten. Wo die Neue dann eingesetzt wird, hängt von ihrem Können ab.“ Hatte ich richtig gehört, ich soll sie Einarbeiten? Nee, kommt gar nicht in Frage, auf gar keinen Fall. „Ich kann sie nicht einarbeiten, habe viel zu viel zu tun, keine Zeit für Kindergarten, außerdem sind wir, d.h. meine Jungs und ich, oft den ganzen Tag unterwegs, das mag nicht Jeder. “Papperlapapp“, sagte die Chefin, „du machst das, Pasta. Sie wird morgen eintreffen, kümmert euch um sie.“
Der Wecker rasselte. Ich hatte Frühdienst! Im Laufschritt den Berg hoch zur Klinik. „Guten Morgen Ihr lieben Kinderlein, aufstehen!“ Wunderbar, der Morgenbetrieb war in vollem Gange, alles bestens. Ich lief in den Speisesaal, steckte meinen Kopf durchs Küchenfenster und brüllte wie ein Stier, „Kaaafffeee brauch ich, ihr Küchenmäuse, schnell.“ Herrlich, so gefiel mir der der Einstieg in den neuen Tag, alles funktionierte und jeder war an seinem Platz.
Unser Erzieherteam war perfekt eingespielt. Neue Leute waren deshalb störend, weil, sie wollen immer alles verändern.
Wann sollte die neue Erzieherin eintreffen? So genau wusste das wohl Keiner. Mein Dienst war zu Ende, zufrieden schlappelte ich den Berg hinunter bis zu unserem Wohnschlösschen. Ja, ein richtig kleines, nettes Wohnheim für das Erzieher-Personal. Meine gute Laune nutzte ich um wichtige private Arbeiten zu erledigen, dazu gehörten auch Dusche und WC. Man musste über eine große Diele, an den Zimmertüren meiner Kolleginnen vorbei, zur gegenüberliegenden Seite, wo ein kleines Tischchen stand, auf dem bei jeder Gelegenheit Rast gemacht wurde. Es störte überhaupt nicht, dass ich neben einem Eimer Wasser in meiner Toilette kniete. Ein nettes Örtchen, an dem man mal so richtig über alles reden konnte wurde zum Treffpunkt. Ja, es wurde geredet, geredet und geredet. Als wir da so schnatterten und uns so richtig eingerichtet hatten knarrten plötzlich die Holzstufen der breiten Treppe. Langsam, fast schlendernd kam jemand über den großen Flur und blieb bei uns stehen. „Grüß Gottl, ich bin Sibylle, Sibylle hinten mit Y geschrieben. Ich wohne jetzt auch hier.“ Was war das denn für eine Ansage? Da ich immer noch am Boden fummelte, schaute ich über die Schulter zu ihr hoch. Ich knurrte sowas wie, aha, ich wohne auch hier, aber schon länger. Meine Kolleginnen verschwanden in ihre Zimmer. Die Begrüßung war damit erledigt und ein bißchen Ablehnung war nicht zu übersehen. Die alten Holzstufen knarrten wieder, eine Tür fiel zu. So richtig hatte ich nicht erkannt, wer da vor mir stand und warum sie hier wohnen will. Die wenigen Worte, die gewechselt wurden, waren nicht gerade freundlich und einladend.
Der nächste Morgen begann wie immer, duschen und im Laufschritt den Berg hinauf zur Klinik. Meine Jungengruppe strömte in den Waschraum. Tischdienst in den Speiseraum, alles fertig zum Frühstücken. So, Tagesplanung, heute Wanderung in den Zauberwald. Abmarschbereit wartete die Gruppe auf mein Signal zum Losgehen. Ich hob die Hand und ließ sie wieder fallen. Die Chefin unseres Erzieher-Teams verbaute uns den Weg nach draußen. In ihrer Obhut, Sibylle hinten mit Y. „Jule du nimmst unsere neue Erzieherin mit auf den Ausflug damit sie die Gegend kennen lernt“, so sagte die oberste Gewalt. „Nein, das ist nicht gut, die Wanderung ist lang, geht über den ganzen Tag. Außerdem wird sie soweit noch nie gelaufen sein“. Ich wehrte mich, jedoch erfolglos. Also, gingen wir. Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Meine anfängliche Skepsis hinsichtlich der Belastbarkeit der neuen Erzieherin hatte sich gelegt, denn sie konnte beim Klettern und Steigen auf den Wanderwegen mit den Jungs ganz gut mithalten. Das Wandern in den Bergen erfordert auf jeden Fall viel Umsicht und Kenntnisse der Örtlichkeiten. Sibylle nahm die Aufsichtspflicht sehr ernst, nichts entging ihren Blicken. Für mich eine gute Hilfe und die Gewähr, das keiner aus der Gruppe verloren ging.
Fortsetzung folgt!