geschrieben von As'a hel.
Veröffentlicht: 14.03.2022. Rubrik: Unsortiert
Begegnung
Prediger (über 50, gut in Form): ...und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Mittelalter Mann (kurzer Blick zu junge Frau): Also, das Gebot halte ich gerne.
(verhaltenes männliches Lachen)
Junge Frau (aufgesetztes Lächeln)
Aufbrausende Frau (über 60, strafender Blick zu mittelalter Mann): Das geht doch überhaupt nicht! Wie soll ich einen Menschen lieben, den ich unsympathisch finde?
Prediger (entschlossene, aber sanfte Stimme): Aus eigener Kraft können wir das nicht, sondern nur durch den Geist Gottes, der in uns ist, wenn wir an Gott glauben.
Mittelalter Mann (verdreht die Augen): Ein Geist, echt jetzt?
Prediger: Jeder Mensch kennt Liebe, Wahrheit, Gerechtigkeit, aber niemand kann ein zufriedenstellendes Bild davon malen oder diese Geister in Worte fassen.
Mittelalter Mann (herausfordernd): Und warum schickt Gott nur seinen Geist und kommt nicht selbst?
Prediger: Gott ist kein Mann, sondern Geist und Wahrheit - er ist das Gute.
Ernster Mann (Mitte 30): Wenn Gott gut ist, wieso offenbart er sich nicht, damit das Böse endet?
Prediger: Gott ist Freiheit, er zwingt uns nicht zur Gefolgschaft. Würde er sich offen zeigen, könnten wir uns nicht mehr frei für Glauben oder Unglauben entscheiden.
Ernster Mann: Gott lässt uns also die freie Wahl, aber wenn wir ihm nicht gehorchen, dann wirft er uns in die Hölle.
(allgemeines Kopfnicken)
Prediger: Hölle bedeutet ewige Trennung von Gott, und da Gott das Gute ist, gibt es ohne ihn nur Schlechtes. Gott straft niemanden. Gutes oder Böses sind Früchte unseres Lebenswandels.
Ernster Mann (gekränkt): Sie haben Nerven! Ich bin kein Heiliger, aber ich war stets bemüht, anständig und freundlich zu sein. Aber das war Gott egal, denn letztes Jahr hat er meinen Jungen sterben lassen.
Aufbrausende Frau: Wie kann ein barmherziger Gott so etwas zulassen?!
Prediger (betroffen): Das wusste ich nicht, bitte verzeih. ...Manchmal nimmt unser himmlischer Vater die Gerechten früh aus diesem Leben, damit sie nicht soviel leiden müssen.
(langes Schweigen)
Junge Frau: Herr Pfarrer, was bedeutet das alles?
Prediger: Ich weiß es nicht, Liebes,...aber der Glaube an Gott tröstet mich.
