Veröffentlicht: 16.09.2021. Rubrik: Nachdenkliches
Die Uhr
Der Wecker klingelte und die Vögel zwitscherten, ein weiterer Morgen war angebrochen und damit ein weiterer neuer Tag. Kurz nachdem man den Schlafsand aus den Augen gerieben hatte und sich kurz gestreckt hatte, war es an der Zeit aus dem Bett zu hüpfen. Nach einer schönen Dusche war auch der Rest der Müdigkeit verschwunden. Der Geruch von leicht verbranntem Bacon erfüllte die Wohnung und mit knurrenden Magen begab sich Liam zur Küche. Doch niemand war dort, bloß ein Zettel lag neben dem fertigen Frühstuck welches noch dampfte, "Konnte nicht mehr warten tut mir leid, melde mich sobald ich bei meinen Eltern angekommen bin XOXO", Liam hatte schon fast vergessen das sie schon heute zu ihren Eltern fahren wollte. Als er begann den Bacon zu verspeisen, welcher mit einem passenden Omelett Hand in Hand ging, fiel ihm die bedrückende Stille auf. Obwohl er in der Innenstadt lebte, war alles seltsam ruhig. Doch ließ er sich deswegen nicht das Frühstück verderben. Er beschloss für die Zeit die er nun hatte, was reichlich war, am Laptop zu verbringen um hoffentlich so eines Tages seinen Roman zu vollenden. Er setzte sich in sein Arbeitszimmer hin und schaute kurz auf die Uhr welche sich hinter ihm befand, "Okay, dann mal an die Arbeit!" Die ersten Wörter für sein 4 Kapitel kamen wie aus der Pistole geschossen, so als ob er diese schon immer wusste. Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Seite für Seite, voll fokussiert tippte er in die Tasten seines Laptops. Es war alles wie ein Bach welcher mit einer harmonischen Ruhe floss, doch wurde dieser brutal unterbrochen als er ein Bohren hörte. "Verdammter Nachbar, mit seiner verdammten Bohrmaschine!", fluchte Liam. Es hatte ihn komplett aus der Bahn geworfen. "Verdammt wo war ich?", gerade als er sich wieder in der Spur gefangen hatte warf es ihn direkt wieder aus der Bahn als das Bohren fortgesetzt wurde. Auch wenn dies eine Kleinigkeit war, fing sein ganzer Körper an zu jucken vor Stress. Er kratze sich und murrte vor sich hin. Auch das Ticken der Uhr ging ihm langsam auf den Zeiger. Jede Kleinigkeit brachte ihn aus seinem harmonischen Fluss. Selbst die Bildschirmhelligkeit am Laptop fing an, ihm in die Augen zu stechen. Als er die passende Taste drückte um diese zu senken ging es nicht, "Was'n das für'n Scheiß?", er drückte immer wieder wie wild auf die Taste doch hatte dies kein Nutzen. Er versuchte einfach weiter zu machen, doch blendete ihn das Licht jetzt schon so stark, das ihm die Augen weh taten. Als das Bohrgeräusch wieder dezent zu vernehmen war, senkte sich leicht die Bildschirmhelligkeit. Als das Bohren aufhörte stieg es wieder. Liam verstand die Welt nicht mehr, "Zieht seine Bohrmaschine so viel Strom oder was?", scheinbar wurde jedes mal wenn sich die Bohrmaschine wieder meldete seine Laptop nicht mehr mit Strom versorgt welcher dann Automatisch dann die Helligkeit senkte um Akku zu sparen. Liam überlegte kurz zum Nachbar hoch zu gehen, doch entschied sich solang seine Nerven es aushielten, sich dem Roman weiter voll zu widmen. Doch dieses Spiel zog sich eine Ewigkeit hin, als Liam kurz schaute wie viel Uhr es mittlerweile ist, zeigte die Uhr eine ganz komische Zeit an. "Ist die Batterie leer?", er wechselte vorsichtshalber die Batterien und wollte schnell die richtige Zeit einstellen, als er dafür kurz auf den Laptop schaute um diese genau einzustellen, spann die Zeit dort auch rum. "Hier will scheinbar nichts mehr richtig Funktionieren oder was?", als er daraufhin kurz sein Handy rausholte, spann auch dort die Zeit. Plötzlich war das Bohren so laut als ob es direkt neben seinem Trommelfell statt finden würde. Das war der Punkt, an dem seine Geduld endgültig platze. Er stürmte zu seiner Haustür, doch war diese verschlossen. Schnell durchsuchte er jede Jacke und jede Schublade, doch konnte er nirgendwo seine Hausschlüssel finden, "Das kann doch nicht wahr sein, bin ich hier etwa jetzt eingesperrt?", er zog direkt sein Handy aus seiner Jeanstasche und rief seine Frau an, "Ja?", "Ich find meine Schlüssel nicht mehr, weißt du wo sie sind?", "Wow, nicht einmal ein hey wie geht's? Oder wie bist du angekommen?", "Du bist doch erst vor kurzem losgefahren...", "Haha sehr witzig. Schau mal aus dem Fenster!", tatsächlich, es war schon Abends. "Hä? Ich habe mich doch gerade erst an meinem Laptop gesetzt und...und...", "Tja, dann ist scheinbar die Zeit an dir vorbeigeflogen. Schalt mal lieber ein Gang runter!", "Den Gang runterschalten was meinst du?", "Ach egal...aber mal im ernst, keine Ahnung wo deine Schlüssel sind", "Okay verdammt, ich ruf einfach jetzt Michael an, er müsste noch, wenn er diesen nicht verloren hat, einen Ersatzschlüssel noch haben", "Das würde ich nicht machen...", "Was? Warum?", "Der ist mit Lisa auf einer Party, er würd wahrscheinlich ähnlich wie du es gerne machst schon voll mit Whiskey sein...ruf morgen am besten an", wieder meldete sich das lästige Bohren, "Verdammter Nachbar!", "Was hat er diesmal angestellt?", "Dieser Idiot meint die ganze Zeit bohren zu müssen", "Hmm, komisch ich hör gar nichts", "Was? Das kann man doch nicht überhören, es ist fast so als ob er in meinem Schädel rum bohrt oder rum sägt!", "Tja, dann musst du das aussitzen. Gleich ist der Eingriff bestimmt fertig", "Ja ich hoffe es, naja gut grüß deine Eltern von mir", "Ja mach ich, trink nicht zu viel..."
Am nächsten Morgen nach einer unruhigen Nacht brummte sein Schädel und jeder Knochen in seinem Körper tat weh. Er beschloss jedoch trotzdem das Beste aus seinem Tag zu machen. Was ihn auch leicht den Verstand geraubt hatte während der Nacht, war das er nicht schauen konnte wie viel Uhr es gerade war da die Zeit nicht richtig lief und er somit nie wusste wie spät es war. Er ging nach einer Dusche wieder direkt zu seinem Arbeitszimmer und schaute auf die kaputte Uhr, auch wenn die Chancen gleich Null waren, das sie doch irgendwie jetzt richtig läuft, konnte er nicht den Versuch widerstehen trotzdem nachzuschauen. "Naja, ein Versuchs wars Wert", er setzte sich wieder an seinen Roman doch fiel ihm diesmal nichts ein. Der Flow welchen er davor hatte, war einfach weg. Jedes Wort was herauskam, war wie ein falsch platziertes Puzzleteil. Es verging eine Ewigkeit weshalb er beschloss eine Kurzgeschichte zu schreiben. Auch wenn das seinem Roman kein Fortschritt verschaffen würde, könnte er trotzdem somit was produktives machen und vielleicht dadurch ja neue Ideen finden und sich in seinem Schreibstil noch mehr zu verfestigen damit er noch besser im Sattel sitzen würde. Als Liam ein Brainstorming machte und sämtliche Ideen durch sein Kopf gingen fiel ihm eine Geschichte ein die vom Gefühl die Richtige war, "Ja, das ist gut!", er dachte an ein Paar, ein ähnliches so wie Liam selbst zusammen mit seiner geliebten Frau. Eine Nacht, eine Nacht die das Leben für immer verändern sollte, doch nicht durch ein Übernatürliches Ereignis, sondern eher durch etwas was jedem jederzeit passieren könnte, an einem Ort welche zahlreiche Menschen am Wochenende besuchen, einem Club oder einer Hausparty. Die Ursache für das alles, sollte etwas sein was auch sich in der Gesellschaft verankert hatte. Er war wieder in seinem Flow, alles was rauskam war perfekt. Jeder Satz der gesprochen worden war, war so gut geschrieben und jede Handlung war so enorm realistisch dargestellt so als ob es wirklich passiert wäre. Die Bilder die ihm dabei durch den Kopf schossen, die Gefühle, alles war perfekt und so Hautnah. ""Na, willst du ein Rennen?"", fragte sein Kumpel, der Alkoholpegel war schon so enorm hoch, doch war der Schalter für reflektiertes und vernünftiges Denken schon lange außer betrieb, "Mit deiner Schrottmühle wirst du schon am Start kleben bleiben!", entgegnete er ihm. Beide stiegen in das Auto und begaben sich an einer Kreuzung in Position. Die Straße, komplett leer. "Wenn die Ampel grün wird geht's los!", das Adrenalin und die Nervosität schossen durch sein Körper. Auch wenn er nicht mehr Klar denken konnte, sagte ihm jeder Faser, jeder Muskel in seinem Körper, "Tu es nicht!", doch sein Ego sagte ihm, "Zeig es diesem Großmaul! Die Straße ist leer und es ist mitten in der Nacht, lass den Motor aufheulen!", der Oldtimer den er von einem Großvater vererbt bekommen hatte, sollte mit diesem kommenden Sieg der Familie Ehre verschaffen. "Für dich grandpa!" Die Ampel switchte auf Grün und er drückte mit voller Wucht auf das Gaspedal. Durch die Wucht und der Kraft des Motors drückte es ihn in seinen Sitzt hinein. Der Zeiger auf seinem Tacho schoss mit einer brachialen Wucht hoch und ging Stück für Stück immer mehr nach außen, "Fahr langsamer!", sagte ihm eine Stimme, "Ich bitte dich, fahr langsamer! Liam!"", "Liam?", fragte er sich beim Schreiben, wie komme ich jetzt darauf? Das Handy fing an zu klingeln, "Jo du hast mir geschrieben ich soll mich melden, was ist los?", "Ah Michael, hör zu, ich habe meinen Schlüssel verloren und meine Perle ist bei ihren Eltern, ich bin hier also eingesperrt. Kannst du kommen?", "Uff...hör zu, ich habe schon paar Bierchen getrunken. Ich weiß nicht man...", "Was!? Um diese Uhrzeit?", "Naja, ist es so schlimm Abends nh Bierchen zu trinken?", Liam konnte es wieder nicht fassen was er da gerade gehört hatte. Er ging mit vollem Tempo zur Küche und schaute aus seinem Fenster. Es war tatsächlich wieder Abend. Plötzlich fing wieder das Bohren an gepaart mit einem Sägen. "Hör zu man, kann dich Lisa fahren? Ich habe hier einen Nachbarn der die ganze Zeit hier Bohrt und Hämmert und Sägt so das ich bald den Verstand verliere und ich kann ihm nicht bescheid geben damit er endlich ruhe gibt! Wenn du mir einen riesen Gefallen tuen kannst, bitte komm", "Hmm, es läuft aber Baseball und die Ravens führen...", Liam konnte es nicht fassen, "Okay, okay...hör zu, ich hab einen Kasten Bier und wir schauen hier zusammen das Spiel und machen einen Männerabend. Ist das ein Deal?", "Hmm, okay man, ich frag mal Lisa. Sie müsste bald kommen", "Danke man!" Liam legte auf und schaute aus Gewohnheit kurz auf die Uhr, doch nicht nur das er jetzt wieder realisierte das diese ja nicht funktionierte, nein, sie drehte sich Rückwärts, "Der Lärm vom Nachbarn raubt mir noch meinen verfickten Verstand!" Er rechnete das seinem Freund Michael ungefähr, wenn alles gut läuft, in 20 Minuten hier sein wird. Liam bereitete in dieser Zeit alles vor und schaltete auf den passenden Kanal, "Der und sein verdammter Baseball!", fluchte Liam da er diesem Sport nichts abgewinnen konnte. Er setzte sich auf die Couch und machte sich ein Bier auf, als plötzlich seine Frau wieder anrief, "Warum meldest du dich nicht?", "Ich habe die Zeit vergessen...", "Ist das jetzt deine neue Ausrede?", Liam runzelte die Stirn und wusste das dies jetzt eine anstrengende Unterhaltung werden würde, "Hör mal Schatz, ich möchte mich nicht Streiten ich hatte einen nervigen Tag. Wie geht es dir?", "...", man hörte nur ein leichtes Rauschen, doch keine Antwort. "Schatz?", "...", "Es tut mir leid okay?", "Wieso bist du nicht langsamer gefahren?", "Was?", "Wieso hast du nicht auf mich gehört?", "Okay hör mal, ich weiß du bist sauer aber du machst mir etwas Angst. Ich melde mich später wieder...", "Wie viel hast du getrunken?", "Okay es reicht!", wütend lag Liam auf und wechselte genervt durch die Kanäle während er auf seinen Kumpel wartete. Beim raschen durchwechseln stich im für eine Sekunde bei einem Kanal ein Bild direkt ins Auge. Er schaltete direkt auf den Kanal wieder zurück, "Vor wenigen Minuten krachte ein Wagen nach dem dieser die Kontrolle verlor in ein anderen Wagen und alle Beteiligten starben dabei. Der Fahrer, welcher für den Unfall verantwortlich war laut der Polizei und die volle Schuld dabei trägt, war der Familienvater Michael Brown. Die Bluttest ergaben das Alkohol im Spiel war. Wie so oft fragen sich nun viele nach so einem Ereignis, wieso man sowas tue. Wieso steigt man Alkoholisiert in einen Wagen und gefährdet somit das Leben aller anderer? Wieso ist er nicht langsamer gefahren so wie es seine Frau immer wieder geschrien hatte? Wieso muss man ein Straßenrennen fahren? Wieso?", Schweißgebadet schmiss Liam die Fernbedienung in den Fernseher rein. Liam war wie eingefroren, er konnte nicht fassen was passiert war. Träumte er? Wenn ja, wollte er mit aller Gewalt aufwachen, sein Herz fing langsam an schwerer zu Schlagen. Jeder Atemzug wurde schwerer, jede Bewegung war mit einer enormen Last verbunden welche er Stämmen musste. Ein Schock der plötzlich durch sein ganzen Körper durchströmte warf ihn direkt um, so als ob er ein Schlag von Mike Tyson abbekommen hätte. Beim Versuch aufzustehen kam ein zweiter Schlag welcher ihn noch mehr umhaute gefolgt von einem dritten. Ein leichtes Gemurmel war im Hintergrund zu vernehmen welches mit jedem Schock immer lauter wurde, "Höher!", "Noch eine!" Auf dem Boden liegend und in einer Schockstarre ähnlich wie in einer Schlafparalyse konnte er sich nicht bewegen. Der Fernseher fing einfach wieder an zu laufen obwohl die Fernbedienung mitten im Bild drin feststecke. Die Stimme von der Nachrichtensprecherin welche ihn gezielt anschaute, so als ob sie ihn im Blick hätte und genau ihn meinte sagte, "Warum? Warum bist du eingestiegen? Warum bist du nicht wenigstens langsamer gefahren?", er vernahm auf dem Boden das jemand die Wohnung betrat da durch den entstehenden Spalt das Licht hereinbrach. Er erkannte die Silhouette einer Frau die langsam die Wohnung betrat. Als diese Person direkt vor ihm stand, erkannte er sofort das es seine Frau war. Er versuchte mit aller Macht ihren Namen zu schreien doch ging es nicht, "Noch einen! Nochmal höher!", vernahm er wieder aus dem Hintergrund. Als seine Frau ihn auf dem Boden entdeckte und sich zu ihm vollständig drehte, blieb sein Herz endgültig stehen, die eine Komplette Hälfte ihres Körpers war verbannt, bevor alles komplett aufhellte, konnte er von ihren Lippen ablesen welche versuchte was zu sagen, "Wieso hast du nicht auf mich gehört Liam?"