Veröffentlicht: 06.08.2021. Rubrik: Unsortiert
DEPOSITUM
ZU-Kunft? Zu-Lesen in meiner Wochengeschichte
DEPOSITUM
Als Museumsdirektorin bin ich allerlei gewohnt. Besonders als Leiterin einer sehr bekannten Institution die der Kunst gewidmet ist. Denn der Kunstbegriff ist weit gefasst. Wird von Menschen sehr unterschiedlich interpretiert. Kunst ist in meinen Augen eine Vorwegnahme der Zukunft. Künstler müssen diese Gabe haben. Erahnen können mit welchen Fragen und Problemen sich die Menschheit in Zukunft zu befassen haben wird. Und, Hand aufs Herz, wer kann ohne selbst eine Künstlerseele in sich zu tragen verstehen oder gar ertragen was kommen, was die Zukunft uns ernten lassen wird. So nehme ich die beliebte Kritik an der von mir und meinem Team kuratierten Ausstellungen nicht auf die schwere Schulter. Ob wir aber gemeinsam die richtige Auswahl treffen kann ich nicht garantieren, höre aber immer auf meine erst im Entstehen sich befindende Minikünstlerseele die jedes Jahr ein wenig wächst und sich zurzeit gerade in Richtung der Pubertät bewegt. Deshalb zu manch wildem Ausschlag fähig ist. Doch heute bin ich ratlos. Klopfte doch bei Museumsöffnung ein Mann mittleren Alters bei meinem Sekretariat an, verlangte mich in dringender Angelegenheit zu sprechen, was mir über die Gegensprechanlage mitgeteilt wurde. Er habe, so mein Sekretär, ein zuverlässiger Mann, mir einen Vorschlag für ein Depositum zu unterbreiten. Da unsere Museumslager aus den Nähten zu platzen drohen, sind wir in dieser Frage sehr zurückhaltend. Lehnen sozusagen jedes Angebot ab, was ich meinem Sekretär über das interne Telefon, damit der Besucher nicht mithören konnte, eindringlich in Erinnerung rief. Er aber bat mich trotz allem den Mann zu empfangen. Er habe den Eindruck, dass das Depositum sehr wertvoll sein, unserer Institution in der Zukunft zur weiteren Berühmtheit verhelfen könne. Ich vertraue dem Mitarbeiter, auch er hat eine angehende langsam wachsende Künstlerseele, die zwar noch im Kindergartenzustand sich befindet, so meine persönliche Beurteilung, ohne ihm diese zu verraten.
So bat ich den Gast hinein. Liess den Sekretär ihm einen Kaffee servieren und hörte nach anfänglich belanglosem Geplänkel seinem Anliegen aufmerksam zu. Erschrak bei der Schilderung immer mehr. Er wolle sich selber als Depositum einbringen. Er sei bereit im Keller des Museums zu hausen. Von Wasser und Brot zu leben. Sich mit einer Yogamatte zufriedenzugeben und dann, wenn die Zeit seines Ablebens gekommen sei, ausgestopft zu werden. Falls es mir lieber sei das Wort einbalsamiert zu benutzen, was zivilisierter klinge, sei das für ihn ok. Zuerst kam ein lauthalsiges Lachen über meine Lippen. Dann aber erfasste mich ein kalter Schauer. Denn, wenn in diesem Mann eine ausgewachsene Künstlerseele lebt, bedeutet sein Angebot nichts Gutes für die Zukunft. Ein freiwillig ausgestopfter, oder einbalsamierter Mensch, kann nur bedeuten, dass die Menschheit aussterben wird, weshalb auch immer ist unbedeutend, und der uns nachfolgenden Intelligenz ein Exemplar unserer Spezies vorgeführt werden soll, wie uns heute in Museen Dinosaurier. Und so nehme ich sein Angebot an, denn Kunst kennt keine Grenzen, weise meinen Sekretär an eine Yogamatte zu besorgen und dem Mann einen Platz im Depositen-Keller zuzuweisen.
Die ferne Zukunft wird zeigen, ob meine Entscheidung die richtige war, Wer oder Was (Subjekte haben stets grosse Anfangsbuchstaben) auch immer es dann beurteilen wird...
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Viel Vergnügen beim Entdecken von 160 Museen und neuen Kurzgeschichten
Ihr François Loeb