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geschrieben 2021 von Nordlicht.
Veröffentlicht: 15.02.2021. Rubrik: Menschliches


Eine Geschichte übers Flirten und die Liebe- Teil 1

Jessy räumte ihren Schreibtisch ein. Sie war gerade neu im Betrieb und wer auch immer vor ihr an diesem Tisch gesessen hatte, muss steinalt gewesen sein. Von der Schreibtischunterlage, über die Stifte, bis hin zum Schrankinhalt, sah alles so aus, als wäre es aus mindestens den Neunzigern. Immerhin der Bürostuhl war neu.
Jessy positionierte gerade die Schreibtischtastatur, als Ulla zur Tür rein schaute. Anders kann man es nicht beschreiben, wie sie da hinter dem Türrahmen hervor lugte.
„Hallo, bist du fleißig am Einrichten?“, fragte sie das Offensichtliche. Ulla war bestimmt auch schon in den Neunzigern hier. Sie war die erste Mitarbeiterin, die sie hier kennen gelernt hatte.
Der Chef hatte sie als die gute Seele vorgestellt. Und so hatte sie dann, wie auch jetzt, drauf los geplappert. Nun erzählte sie ihr von dem Vorgänger, der in den Ruhestand gegangen war. Und dann von der baufälligen Straße vor der Tür. Und dann von ihrer neuen Büropflanze. Jessy wusste nicht, wie sie von einem zum anderen Thema gekommen war, aber sie hörte auch nur mit halbem Ohr zu.
Auf der Treppe waren leichtfüßige Schritte zu vernehmen. Ulla hörte sie, trotz ihres Geplappers auch und meinte, ohne sich umzudrehen: „Oh, da kommt Stefan. Er hat das Büro dir gegenüber.“
Neben ihr im Türrahmen erschien ein Mann in perfekt sitzenden Jeans und Hemd.
„Guten Morgen“, grüßte er.
„Bist du auch mal da“, erwiderte Ulla mit einem Lächeln. „Das ist Jessy, unsere neue Kollegin.“
„Hey“, grüßte sie möglichst lässig.
„Hallo, wirst du schon zu getextet?“, grüßte er zurück. Jessy schätzte ihn auf Anfang Vierzig. Er hatte dunkelblonde Haare und eine sportliche Statur.
„Nun werd mal nicht gleich frech“, schimpfte Ulla und wollte ihm einen Schubser geben. Aber Stefan sah das kommen und wich ihr geschickt aus.
„Na gut, wenn du noch Fragen hast, kannst du gerne bei uns vorbei kommen“, meinte Ulla und dann verschwanden sie aus der Tür.
Vielleicht waren ja nicht alle Kollegen hier so verstaubt. Und Stefan sah wirklich nicht schlecht aus. Er war zwar ein paar Jahre - naja vielleicht ein paar mehr Jahre - älter, aber was machte das schon. Sie hatte schon ältere gedatet.

Frustriert schälte Louisa die Möhren für den Auflauf. Der würde wohl für ein paar Tage reichen. Eigentlich wollte sie den für ihr Date kochen. Aber daraus wurde nichts. Wieder einmal hatte es sich ein Mann anders überlegt. Dieses Exemplar hatte immerhin Angerufen und ihr erklärt, dass sie nicht die Frau war, die er suchte. Das hatte sie auch schon ganz anders erlebt. Meistens kam es nicht einmal zu Annäherungsversuchen. Es gab immer irgendwo eine Frau die begehrenswerter war.
Lieblos kippte sie die Möhren in den Topf mit den anderen Zutaten und begann zu rühren.
Da war dieser voll süße Typ. Niklas, hieß er und sie hatte sich gerade eingebildet, dass er mit ihr flirten würde, da kam Jessy. Und dann hatte er nur noch Augen für sie.
Louisa kannte Jessy schon seit der Mittelstufe. Und sie war sie bis nach der Uni nicht los geworden. Keine Ahnung, wie das ging, aber sie zog die Aufmerksamkeit sämtlicher Männer auf sich.
Grundsätzlich hatte sie nur Affären. Es schien fast so, als würde sie Männer sammeln. Sie hatte wohl schon alle. Ob groß, schlank, dunkelhäutig, hellblond oder Muskelpaket. Im Moment schien sie sich auf ältere eingeschossen zu haben. Das kam Louisa nur recht. Sie hatte keine Lust auf einen Mann, der sie nur benötigte, um mit seiner Mitlife Krise fertig zu werden. Generell waren die Männer, wenn Jessy mit ihnen durch war, meist auf und davon, oder erst mal durch mit bodenständigen Beziehungen.

Jessy stand neben Stefan am Schreibtisch und lies sich von ihm den neuen Großauftrag erklären. Natürlich hätte sie auch Ulla fragen können, aber er war ihr als die angenehmere Alternative erschienen. Während er im Ordner ein paar Seiten umschlug schaute sie seine Hände an. Er trug keinen Ring.
„Alle Unterlagen dazu werden in den Ordner geheftet, oder?“, fragte sie, beugte sich dabei etwas mehr nach vorne und schob die Brust vor.
Er schaute nicht auf, sondern meinte nur: „Ja, wir sind noch nicht so weit mit der Digitalisierung. In Zukunft soll das alles mal über den Server laufen.“
„Okay, danke für die Hilfe.“
„Kein Problem.“
„Hast du in der Mittagspause schon was vor?“, fragte sie. „Ich wollte gerne zum Imbiss die Straße runter und mit Begleitung, wäre es natürlich schöner.“
„Klar, können wir machen.“

Am nächsten Tag blätterte Jessy durch verschiedene Auftragsordner. Dabei war sie in Gedanken beim Mittagessen von gestern. Der Imbiss war echt nicht so der Beste. Aber die Unterhaltung mit Stefan war sehr kurzweilig. So viel hatte sie lange nicht mehr gelacht.
Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als hörte, wie Ulla nebenan anfing irgendeinen Schlager zu trällern. Stefan hörte es auch und rief ihr zu, sie solle doch bitte Gesangsstunden nehmen, damit die Zuhörer da auch etwas von hätten.
Die beiden neckten sich ziemlich häufig. Sie schienen sich schon lange zu kennen.
Stefan kam auf den Flur und meinte zu Jessy, so laut, dass Ulla es noch verstehen konnte: „Sie ist wirklich nicht talentiert.“
„Nein, ist sie nicht“, stimmte sie zu. „Vielleicht sollten wir uns ein Radio anschaffen, um sie zu übertönen.“
Jetzt kam Ulla auch in den Flur. „Ich lasse mir meine gute Laune nicht von euch vermiesen.“
„So?“, fragte Stefan. „Warum hast du denn gute Laune.“
„Einfach mal so.“
„Kenn’ ich“, meinte Jessy. „Aber ich singe dann nicht.“
„Wenn du dann tanzen würdest, könntest du zu meinem Gesinge tanzen“, schlug Ulla vor.
„Dazu kann doch niemand tanzen!“
„Stefan könnte es bestimmt. Er kann nämlich gut tanzen.“
„Nun, wenn er mich führen würde, könnte ich vielleicht auch dazu tanzen“, meinte Jessy und grinste zu ihm rüber.
„Ich glaube dazu kann ich auch nicht tanzen“, erwiderte er und ging wieder in sein Büro.
„Ach, ihr seid doch Spielverderber“, schimpfte Ulla und sagte dann zu Jessy: „Er ist übrigens vergeben.“ Dann ging sie auch.
Wieso hatte sie jetzt gemerkt, dass sie ein Auge auf ihn geworfen hatte. Er hatte noch keine Reaktion von sich gegeben. Oder hatte er sie bewusst ignoriert? Und überhaupt. Vergeben. Das muss doch nichts heißen. Das hat noch keinen Mann davon abgehalten, mit ihr unanständig zu werden.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Susi56 am 16.02.2021:

Fortsetzung dringend erbeten. 😀




geschrieben von Nordlicht am 18.02.2021:

Das freut mich :)

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