Veröffentlicht: 21.10.2020. Rubrik: Persönliches
Ein Alptraum in der Vor-Euro-Zeit
Die Jüngeren werden sich kaum oder gar nicht mehr daran erinnern, aber früher hatte jedes Land der heutigen Eurozone seine eigene Währung.
Vor fünfzig Jahren war ich zwischen Abitur und Studium für kurze Zeit in einer Bank tätig. Dabei durchlebte ich ein ganzes Wochenende lang einen Alptraum, der heute nicht mehr möglich wäre, jedenfalls nicht in Bezug auf Länder der Eurozone.
An die Hintergründe entsinne ich mich kaum noch, aber irgendwie war es so: Ich saß in der Hauptstelle der Bank in der Innenstadt und musste eine Liste führen über An- und Verkäufe von Fremdwährungen in den Zweigstellen. Dabei mussten diese fortlaufend durch Deutsche Mark wieder ausgeglichen werden. Wie gesagt, es ist ein halbes Jahrhundert her und ich habe das System vergessen. Nur eins weiß ich noch:
Eines Freitagabends beim Start ins Wochenende wurde festgestellt, dass wir einhunderttausend Niederländische Gulden zu viel hatten. Ich hatte versäumt, sie zu melden!
Wohlgemerkt, sie waren nicht weg, nur halt nicht eingewechselt. Dies ging jetzt erst am Montag wieder.
Das ganze Wochenende über dachte ich mit Grauen: „Hoffentlich wird der Gulden bis Montag nicht abgewertet! Dann müsste womöglich ich für den Schaden aufkommen!“
Zum Glück stellte sich am Wochenanfang heraus, dass der Kurs sich nicht verändert hatte und meine Unaufmerksamkeit folgenlos geblieben war.
Zwei Schlüsse ziehe ich heute aus dieser Geschichte. Erstens: die Einführung des Euro hat das Leben ungemein erleichtert.
Und zweitens: man sollte sich bemühen, optimistisch zu denken. Genauso gut hätte ich ja denken können: „Hoffentlich wird der Gulden bis Montag aufgewertet!“