Veröffentlicht: 01.10.2020. Rubrik: Unsortiert
Nicht gestern (Litotes)
Vor einem Monat - nicht gestern oder vorgestern - begegnete ich meinem alten Schulfreund Peter. Das war kein Zufall. Wir ließen es uns nicht nehmen, in einem Café über die guten alten Zeiten zu sprechen.
„Du erinnerst dich nicht an Krantz, den Mathelehrer?"
„War das nicht der mit der Halbglatze, der angeblich telefonieren musste und es im Klassenraum nicht lange ausgehalten hat?"
„Richtig, nicht einmal habe ich erlebt, dass er die ganze Stunde drin geblieben ist!"
„Ich erinnere mich nicht ungern an unsere Französischlehrerin, Frau Hasselmann. Keine echte Blondine, aber ich hätte sie nicht von der Bettkante gestoßen!" Peter lachte nicht gerade leise.
„Für Pubertierende war es keine Kleinigkeit, die Frau mit ihren hohen Schuhen und den kurzen Röcken eine ganze Stunde lang anzustarren. An Selbstbewusstsein hat es dieser Person nicht gemangelt." Ich bemühte mich, nicht verärgert zu klingen.
„Du bist doch nicht eifersüchtig nach so langer Zeit?" Der Versuch, meinen Ärger zu verbergen, hatte keinen Erfolg gezeigt.
„Natürlich nicht!", entgegnete ich, nicht erfreut darüber.
„Gib es zu, du fandest den Kester nicht schlecht! Warst du nicht in ihn verknallt? Deutsch hat er nicht unterrichtet, was war es?"
„Kein Deutsch, es war Englisch."
„Er war kein großer Mann und nicht der Schönste."
„Du hast nicht unrecht. Ich kann nicht sagen, ich hätte keine Gefühle für ihn entwickelt, aber das war Teenagerschwärmerei und keine große Sache."
„Wie ist es, wollen wir nicht zusammen Mittag essen gehen?" Peter zeigte ein Lächeln, das mir nicht schlecht gefiel.
Ich verneinte die Frage nicht und wir blieben nicht länger im Café.
Es war keine Frage, dass wir die Nacht zusammen verbringen würden.