Veröffentlicht: 31.03.2020. Rubrik: Spannung
KILLER (13) - EIN FÜR ALLEMAL
Leise öffne ich die Haustür. Ich hatte mein Kommen nicht angekündigt, es sollte eine Überraschung sein. Der letzte Auftrag, eine Auslandsreise, hatte länger gedauert als erwartet. Auf Zehenspitzen schleiche ich durch das dunkle, still daliegende Haus. Kurz vor der Küche werde ich stutzig. Spätestens jetzt hatte mich Leon, unser Hund, immer freudig begrüßt. Ich schalte das Licht an und sehe mich um. „Nein!“, schreie ich laut auf. „Nein, nein, nein!“, in der sicheren Gewissheit was passiert war. Ohnmächtig vor Trauer, Wut und Verzweiflung suche ich nach meiner Frau, meinen zwei Söhnen und Leon. Alles um mich herum gleicht einem Schlachthaus. Blut auf dem Boden, Blut auf den Möbeln, Blut an den Wänden. Alle sind tot. Sie mussten sich gewehrt, mussten bis zum letzten Atemzug um ihr Leben gekämpft haben. Irgendetwas aber war schief gegangen. Zuviel Unordnung, zu viel Blut. Wahrscheinlich aber sollte es mich treffen. Nach Spuren brauche ich erst gar nicht zu suchen. Gerade als ich das Reinigungsteam rufen will, erregt ein schwaches Glitzern in Leons Blutverschmiertem Maul meine Aufmerksamkeit. Ein abgerissener Manschettenknopf! Ich kenne ihn. Ich trage den gleichen. So ist das also. Sicher würden sie mich bereits erwarten. Ich aber packe alles Nötige zusammen und verreise. Sehr weit weg. Jahre später komme ich zurück.
Interessiert lese ich Tag für Tag die Jobanzeigen. Endlich! Darauf hatte ich so lange gewartet. TIEFGARAGENWACHMANN GESUCHT! Tags darauf habe ich den Job. Kein Wunder. Unregelmäßige Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung. Kurz vor Ablauf der Probezeit werde ich zum Personalchef gerufen. Er versteht es einem den Job schmackhaft zu machen. Ich willige ein. Das Sieges bewusste Lächeln in seinen Augen ist unverkennbar. Ich mache meinen Job, und ich mache ihn gut. So gut, dass ich mich eines Tages beim Boss vorstellen soll. Er sucht einen neuen Chauffeur. Das ist meine Chance. Eine schicke Uniform, eine Schildkappe, schwarze Handschuhe. Tag für Tag kutschiere ich ihn durch die tiefen Schluchten der Stadt. Dann naht Weihnachten, das Fest der Liebe.
Heiligabend. Beide Arme voller Geschenke für seine Familie, begleite ich ihn in sein Büro. Das Gebäude ist fast leer. Das Außendienstler treffen in einer Stunde, eine letzte Fahrt, dann hätte auch ich Feierabend. Die Männer der Security lächeln mich überheblich an, als ich kurz darauf mit einem kleinen, schön eingepackten Päckchen zum Boss gehe.
„Ach sie sind es. Was gibt es?“
„Nur eine Kleinigkeit“, antworte ich. „Wenn sie es vielleicht gleich öffnen könnten. Sie würden mir eine große Freude damit machen.“
Neugierig entfernt er das Geschenkpapier und schaut hinein. Zwei Manschettenknöpfe! Als er die Initialen liest, wird er kreidebleich.
„Sie? - Aber? - Ich dachte!“, stammelt er am ganzen Körper zitternd, während ihm erste Schweißtropfen über seine aufgedunsenen Wangen fließen.
„Falsch gedacht“, sage ich nur,
und jage ihm eine Kugel mitten zwischen seine Augen. Von der Dachterrasse aus springe ich in Richtung Park. Sekunden später erschüttern mehrere Explosionen in der Tiefgarage des Geschäftsgebäudes die Stadt. Krachend fällt es in sich zusammen. Ich würde mir einen neuen Job suchen müssen. Den Alten hatte ich soeben an den Nagel gehängt. Ein für allemal.
ENDE
PS: Jede der Killergeschichten ist unabhängig voneinander zu betrachten.