Veröffentlicht: 21.03.2020. Rubrik: Spannung
KILLER (4) - TISCHLEIN DECK DICH
Drei Tage und drei Nächte! Solange hatte ich in dem kleinen Krankenhaus am Rande der Stadt im Koma gelegen. Und genau solange hatte die junge Frau bei mir ausgeharrt.
Wie ich die Augen aufschlug war mir sofort klar, dass ich im Himmel sein musste. Diese wunderschönen Augen, die mich unentwegt ansahen umringt von diesem grellen weißen Licht. Man hatte mir den schönsten Engel zur Begrüßung gesandt der gerade abkömmlich gewesen war. Was aber war geschehen?
Drei Tage zuvor.
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Es war mein erster Auftrag und natürlich war ich etwas aufgeregt.
Irgendjemand hatte Wind davon bekommen, dass ich dringend Geld benötigte, und dieser Jemand oder vielleicht auch ein Anderer hatte deshalb vor wenigen Tagen Kontakt zu mir aufgenommen. Es sei ganz einfach, hatte er gesagt. Aus einer alten Familienfehde heraus, war der einzige Sohn eines sehr reichen Mannes ermordet worden. Die Tradition der Blutrache erforderte es nun, gleiches mit gleichem zu vergelten. Und da kam ich ins Spiel. Ich starrte auf den geladenen Revolver und die Bündel Geld. Die zweite Hälfte bekäme ich nach Ausführung des Auftrags, versicherte man mir. Kurzerhand nahm ich an. Die Zielperson wohnte nur drei Dörfer weiter. Ich sollte im Laufe des Nachmittags in ihre Wohnung eindringen, auf sie warten und sie dann erschießen. Die Person stünde allein, es gäbe also keine Probleme. Mehr brauchte ich nicht zu wissen.
Nachdem sich auf mein Klingeln hin niemand gemeldet hatte, hatte ich mir mit Hilfe eines Dietrichs Zutritt verschafft. In der dunkelsten Ecke des Wohnzimmers nahm ich Platz. Genervt vom ständigen Knurren meines Magens ging ich in die Küche. Aber was war das? Ein wohl gedeckter Tisch mit den feinsten Köstlichkeiten empfing mich. Auf die Schnelle aß ich von jedem etwas und leerte einige Gläser Rotwein aus der gut gefüllten Karaffe. Dann ging ich zurück auf Position.
Drei Tage später.
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Wie sich schnell herausstellte war ich weder im Himmel, noch war diese junge Frau mit den wunderschönen Augen ein Engel. Am Morgen meines Eindringens hatte sie beschlossen, in der ständigen Angst vielleicht die Nächste zu sein, sich das Leben zu nehmen. An der Arbeit Krankgemeldet, hatte sie daraufhin alles Nötige vorbereitet. Unsicher, ob die Anzahl der Schlaftabletten auch ausreichen würde, die sie in die Karaffe getan hatte, war sie noch mal kurz zur Apotheke gegangen. Wieder zurück, hatte sie mich dann tief schlafend, mit dem Revolver in der Hand in ihrem Wohnzimmer vorgefunden. Kurzerhand hatte sie die Ambulanz gerufen und die Waffe verschwinden lassen. Und da auch ich mich im Augenblick meines Erwachens unsterblich in sie verliebt hatte, haben wir einige Tage später den Kontinent verlassen.
Jetzt leiten wir gemeinsam ein gemütliches Restaurant mit allerlei Köstlichkeiten, und ich schreibe ab und an eine kleine Kurzgeschichte.
ENDE
PS: Jede der Killergeschichten ist unabhängig voneinander zu betrachten