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geschrieben von DER WORTKOTZER.
Veröffentlicht: 19.03.2020. Rubrik: Spannung


KILLER (2) - GROSSVATERS DACHBODEN

Die Fahrten zu meinen Großeltern waren immer etwas ganz besonderes. Jäger von Beruf, wimmelte es in ihrem Haus nur so von Trophäen. Geweihe, Felle, ausgestopfte Tiere. Und während sich die Erwachsenen stundenlang über total uninteressante Dinge unterhielten, stöberte ich am liebsten auf dem von Spinnen benetzten Dachboden herum. Den Jagdinstinkt im Blut, hatte ich bereits am ersten Tag sämtlichen Kleintieren den Garaus gemacht. Sonntags ging man in die Kirche, zum Pilze suchen in den Wald, oder auf ein Schöppchen in ein nahegelegenes Wirtshaus. Ich aber ging wieder auf meinen ach so geliebten Dachboden.

Knarrend öffnete ich die lederne, metallbeschlagene Truhe. Der Inhalt war sauber und ordentlich verwahrt. Eine alte Uniform, Stiefel, Bücher, Bilder und eine Vielzahl kleiner Kästchen. Neugierig machte ich eins nach dem anderen auf. Und dann sah ich ihn! Einen alten, in Öltuch gewickelten Revolver, mit Schalldämpfer und Patronen. Das würden mir meine Eltern nie erlauben. Tief in meinem Rucksack verstaut, fuhren wir nach Hause.

Weihnachten! Sowohl meine geliebten Eltern, Diana - Göttin der Jagd, als auch der Weihnachtsmann hatten meine Gebete erhört. Ich erhielt einen Spielzeugrevolver, der ganz zufälligerweise dem meines Großvaters zum Verwechseln ähnelte.

Ab jetzt nahm das Schicksal seinen Lauf. Das verletzte Rehkitz im Wald sah mich hilfesuchend an. Zu seinem Glück hatte ich den Revolver dabei. Mein erstes Opfer. In der Gewissheit, etwas Gutes getan zu haben, lief ich nach Hause. Kurze Zeit später konnte auch meine Mutter endlich wieder ihr verdientes Mittagsschläfchen genießen. Das nervtötende Bellen unseres Nachbarhundes hatte ein jähes Ende gefunden. Den bald darauf gehegten Gedanken, sämtliche Bewohner eines nahegelegenen Tierheims von ihrem Dasein zu erlösen, hatte ich allerdings schnell wieder verworfen. Irgendwie fühlte ich mich zu Höherem berufen. Ich überlegte, wie ich meiner sozialen Ader folgend, der Allgemeinheit etwas Gutes tun konnte. Da bekam ich eines Tages ganz zufällig das Gespräch zwischen mehreren Oberstufenschülern mit. Eine aufgrund ihres Aussehens schon unsympathisch wirkende Lehrerin hatte ihnen gedroht, sie bei weiteren Verfehlungen, wie sie sich gerne auszudrücken pflegte, alle durch das anstehende Abitur fallen zu lassen. Da auch ich in einigen Jahren der Oberstufe angehören würde, war mein Plan schnell gefasst. Und während fast unsere gesamte Gemeinde dem Gottesdienst beiwohnte, hatte ich mich an Christi Himmelfahrt heimlich in ihr Häuschen am Rande der Stadt geschlichen. Sie staunte nicht schlecht, als sie mich in dem äußerst bequemen Fernsehsessel ihres Wohnzimmers vorfand. Ich frage mich bis heute, ob auch sie den Fahrstuhl zu den Göttern hatte nehmen dürfen. Die Tage zogen ins Land und mein anfäng-liches Hobby war zur Profession geworden. Und wieder nahm das Schicksal seinen Lauf.

Eines Tages baten mich meine Eltern zu einem familiären Gespräch. Mutter hatte den echten Revolver gefunden. Mit gesenktem Kopf betrat ich das Zimmer. Aber was war das? Freudestrahlend kamen beide auf mich zu.

„Unser Junge, wer hätte das gedacht!? Ein größeres Geschenk hättest du uns gar nicht machen können!“

Wie sich herausstellte, hatte auch mein Vater, der langen Familientradition folgend, den Beruf des Auftragskillers ergriffen. Voller Stolz überreichte er mir eine fein ziselierte, hölzerne Schatulle mit der Inschrift: Viel Erfolg!

Meine erste Profiwaffe! Großvaters Dachboden sei Dank!


ENDE

PS: Jede der Killergeschichten ist unabhängig voneinander zu betrachten

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Dan Prescot am 19.03.2020:

Schicke Wendung! Ich hoffe mehrere Aufträge verfolgen zu können. ;-)

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