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geschrieben 2019 von schmitz.
Veröffentlicht: 16.01.2020. Rubrik: Unsortiert


L‘ appel du vide

L‘ appel du vide

Ein Lieferwagen überquerte die Brücke, spät in der Nacht, auf der ich auf dem Weg nach Hause Platz genommen hatte. Auf der Reling, die Füße im kalten Wild einer verregneten Mainacht. Die Lichter der Stadt zu meiner Linken und Rechten fluteten die leeren Straßen mit kaltem Weiß und schummrigem Orange. Vereinzelt sah man Schemen um die Wände huschen, Martinshörner durch die Nacht hallen. Großstadtflair. Der Lieferwagen kam wenige Meter hinter mir mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Ich hörte eine Tür zu schlagen gefolgt von hastigen Schritten die, je näher sie auf mich zukamen, immer bedachter gewählt geworden zu seinen schienen. „Geht es ihnen noch gut?“ hörte ich eine kernige Männerstimme hinter mir fragend. Nicht so sehr meinen physischen, sondern mehr meinen geistigen Zustand anzweifelnd. Es hörte sich mehr nach „Hast du noch alle Tassen im Schrank?“ als nach „Ist alles Ok bei dir?“ an. „Ich Springe schon nicht“ entgegnete ich der Unbekannten Stimme hinter mir. „Deswegen fragst du doch, nicht wahr?“. „Sie wären nicht der Erste der so dumm ist“. Ich drehte mich um und der Fremde deutete auf ein weißes Kreuz das neben dem Geländer lag, umringt von roten, erloschenen Grabkerzen und verwelkten Blumen. „Wann ist denn das Passiert? Hab ich gar nicht mitbekommen.“ Frage ich, die Antwort bereits ahnend. „Warum sollte man davon hören? Wenn man jeden Idioten der sich hier endet Sendezeit geben würde, dann würde man im Fernsehen doch nichts anderes mehr zeigen können“. Stimmt, dachte ich und studierte den Unbekannten genauer. Er trug eine blaue Wollmütze, Warnweste und eine Hose mit so endlos vielen Taschen, dass man glauben konnte, er könnte einen Wocheneinkauf ohne Tüten transportieren. „Kommen sie jetzt erst von der Arbeit?“. Der Fremde machte einen Schritt über die Leitplanke. „Nein. Ich fange gerade an“ antwortete er. Aus einer seiner unendlichen Taschen zog er einen Blauen Müllbeutel, schlug ihn auf und ging auf das am Boden liegende Kreuz zu. Routiniert brach er es in zwei und warf es in dem Müllsack. Die Blumen und Kerzen folgten demselben Weg. Die abgefallenen Blüten und Holzsplitter wischte er mit den Füßen in den Abgrund. „Also gehst du jetzt nach Hause?“ fragte er mich, den Müllsack schulternd. „Ja, ich denke schon. Es ist spät und ich bin Müde“. Er nickt, dreht sich um und geht zu seinem Lieferwagen. Es ist ein Auto der Stadtreinigung. „Dann muss ich hier morgen vielleicht doch nicht aufräumen“ murmelte er, gut für mich hörbar, vor sich hin. Ich stieg von der Reling, und warf noch einen letzten Blick zurück. Im Laderaum des Wagens, lagen weitere blaue Säcke.

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