geschrieben 2015 von Schessika (schessika).
Veröffentlicht: 27.10.2019. Rubrik: Persönliches
Phantomschmerz
Ich habe wieder von dir geräumt. Davon, dass wir uns liebten. Etwas, das nie passiert ist. Zwischen "einander lieben" und "sich lieben" ist ein Unterschied. Doch weder auf die eine noch auf die andere Weise ist es je passiert. Und mein Herz schreit und weint und bebt und wünscht sich, es wäre anders gewesen. Es wünscht sich, dass mein Kopf meinem Mund nicht gesagt hätte, er solle es ablehnen. Dich wegschicken. Es wünscht sich nicht selten, dass der ganze Alkohol meinen Schädel zum Schweigen gebracht hätte. Und dass ich mich hingegeben hätte – manchmal ist mein Herz auch froh darüber, wie es gekommen ist –. Doch dann hätten wir uns wenigstens auf die eine Weise geliebt, wenn auch nicht so, wie ich es gerne hätte. Und ich müsste mich nicht immer wieder fragen: „Was wäre wenn?“.
Aber wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, weiß ich doch, was wäre. Schon so hast du mich nach dieser Nacht, die weder deine noch meine Erwartungen erfüllte, einfach abgeschoben. Und hätte ich mich anders entschieden, wäre es nicht anders gekommen. Vielleicht doch, ein wenig. Nur nicht so, wie ich es mir erträume. Du hättest dich nicht in mich verliebt oder deine verborgene Liebe für mich entdeckt oder, ha!, dich endlich getraut mir deine Liebe zu beichten. Nein. Nichts davon würde zutreffen. Und das weiß ich. Doch diese kleine, winzige Glut der Hoffnung glüht weiter unter der Ungewissheit, die sie vor allem schützt, was sie ersticken könnte.
Aber: sie muss erlöschen. Denn du hast mich weggeschoben. Du hast mich abgeschnitten, wie einen kleinen Faden, der sich gelöst hat. Ob du es wohl irgendwie gespürt hast, dass ich nicht mehr da war? Wohl kaum. So, wie man auch nicht spürt, wenn man den losen Faden am Hemd abschneidet. Was für dich ein kleiner Schnitt, war für mich eine Amputation. Als fehle mir plötzlich ein Körperteil. Und ich spüre ihn noch immer. Fühle ihn an mir, fühle dich, fühle den Schnitt – Phantomschmerz.
Ich habe wieder von dir geträumt. Davon, wie wir uns liebten. Einmal, zweimal, immer wieder. Und davon, wie alles in mir kribbelte und sprühte und wie glücklich ich dabei war. Und davon, wie du mich wegschicktest, als es vorbei war. Weil du mich nicht geliebt hast, sondern nur gefickt.