Veröffentlicht: 22.09.2019. Rubrik: Märchenhaftes
Die Termitenbande
In einem großen, dunklen Wald lebte Familie Isoptera in sehr beengten Verhältnissen auf dem Nordhügel der Gegend. Ringsherum waren schon alle Bäume und Gehölze besetzt, teils mit prunkvollen Grundstücken voller durchgenagter Holzstücke zum Protze vor dem Nachbarn.
Familie Isoptera konnte davon nur träumen. Sie hatten mit ihren 542 Kindern gerade mal einen alten Ast, der vor einigen Jahren von der alten Linde fiel und den keiner wollte, da kein Grund dazu gehörte und auch die Lage sehr zu wünschen übrig ließ. Direkt am Wegesrand, wo oft große zweibeinige laute Menschen vorbei liefen. Ganz schlechte Wohngegend.
Herr Isoptera hatte vor einigen Jahren einen Unfall, im Wald war ihm ein großer Stein auf das Bein gerollt und dieses wollte nie wieder so richtig heilen. So konnte er längst nicht so gut für seine Familie sorgen, wie er es gern getan hätte und seine Frau hatte alle Hände voll zu tun mit den Kindern.
Die Kinder waren aufgrund der engen Wohnverhältnisse arge Plagen, nicht ausgelastet, sie wussten oft nicht womit sie sich ordentlich beschäftigen sollen. Es gab oft Ärger mit den Nachbarn, gerade erst hatten Sören und Sven Isoptera die Nachbarhäuser angeknabbert, aus Spaß. Herr Norbert Termopsidae war gestern erst da und hatte sich laut beschwert über diesen Vandalismus. Er drohte den Kammerjäger zu holen und Familie Isoptera den Garaus zu machen, wenn sich nichts änderte. Bevor er ging, gab er noch einige Erziehungstipps in der Art von, holt Euch doch einige Äste ins Haus, da können die Jungs dran rum knabbern und müssen nicht bei schwer arbeitenden Menschen, die Häuser zerstören.
Die Isopteras nicken traurig, sie wussten ja, dass es so eng bei ihnen war, dass keine weiteren Dinge in ihr Haus passten. Wenn das so weiterging waren sie bald obdachlos und wurden vom Nordhügel verjagt.
In dieser Nacht machte Frau Isoptera kein Auge zu. Sie versuchte eine gute Mutter zu sein, doch kaum hatte sie den ersten 100 Kindern erklärt, wie man sich benimmt, hatten die nächsten 100 schon etwas angestellt.
Und spielen taten die anderen Kindern auch nicht mit den Kindern der
Familie Isoptera, da fielen Wörter wie asozial und kriminell. Früher war da anders, da war Isabella Isoptera mit den anderen Frauen des Hügels losgezogen um Holz und trockenes Gras zu besorgen und ihr Mann Hannes hat sich abends mit den Kumpels getroffen, doch seit dem Unfall war alles anders, nun lebten die Isopteras mittendrin und doch isoliert.
Gerade als die dachten, es könnte nicht mehr schlimmer werden kam die Post. Herr Kalotermitidae, der Postbote, verschwägert mit Norbert Termopsidae, dem Nachbarn, war heute völlig aus der Puste, so viel Post hatte er schon lange nicht mehr und heute war ein Brief für die Isopteras dabei. Wichtig sah er aus.
Na, Post von der Staatsanwaltschaft“? fragte der Postbote. Na, der ist auch nicht besser, als sein Schwager, dachte Frau Isoptera und nahm den Brief.
Sie legte ihn auf den kleinen Tisch und sah ihn lange an. Sie hatte Angst ihn zu öffnen, was kam wohl heute auf sie zu? Herr Isoptera nahm sich ein Herz und öffnete ihn schließlich. Ein Herr Gelbhalstermite, seines Zeichens Notar schrieb ihnen, dass Onkel Kalotermes Flavicollis verstorben sei. Die Isopteras konnten sich kaum an ihn erinnern. Er wohnte auf dem sehr angesehenen Südhügel des Waldes, das Haus war sehr groß, eins der größten des Hügels mit einem Garten voller Knabbergehölz, außerdem habe Onkel Kalotermes Flavicollis eine Menge Holz im Ausland angelegt. Familie Isoptera war nun eine gemachte Familie.
Nach ihrem Wegziehen erzählte der Nordhügel noch lange Geschichten von Hannes Isoptera und seiner Familie. Sie erzählten wie gut man befreundet war, was man alles zusammen erlebte und wie sehr man sie nun vermisste.
Und wenn Ihr nicht gestorben seid, dann sehen wir uns zum nächsten Märchen
Die Märchenerzählerin