Veröffentlicht: 04.07.2020. Rubrik: Persönliches
Ich habe keine Angst davor zu gehen, sondern davor zurückzukehren.
Ich habe keine Angst davor zu gehen. Ich habe Angst davor zurück zu kommen.
Ich habe Angst davor was mich bei meiner Rückkehr erwartet. Was ist gleich geblieben und was hat sich verändert? Haben sich Dinge von allein geklärt? Kann ich zurückkommen? Bin ich erfolgreich vor meinen Problemen weggelaufen? Haben sie sich in Luft aufgelöst? Oder kommen die gleichen Zweifel wieder an die Oberfläche? Die Sorgen und Zweifel, die ich gut in eine Kiste gepackt und ganz weit nach hinten geschoben habe… Plötzlich ist die Kiste wieder da. Sichtbarer als jemals zuvor. Die Kiste erscheint mir Tonnen schwer, ich kann sie nicht wieder zurück in die dunkle Ecke schieben. Ich schaffe es nicht allein. Ich dachte ich könnte sie vergessen und müsste sie nie wieder sehen. Falsch gedacht. Ich bin geflüchtet, vor meinen Ängsten, Sorgen und Problemen. Vor meinen Unsicherheiten und meinen Zweifeln. Vor der Realität. Es ist einfacher wegzurennen als mich mit dem Ganzen auseinanderzusetzen. Das bedeutet viel Schmerz und noch mehr Angst… Was würde dabei noch alles ans Tageslicht gebracht werden? Werde ich zusammenbrechen? Es ist doch so viel einfacher, das Ganze einfach hinter sich zu lassen.. für einen Tag, eine Woche, ein halbes Jahr. Vielleicht wird mir das Auslandssemester gut tun? Ich werde glücklich sein und die Kiste vergessen können. Sie wird immer unsichtbarer und unsichtbarer. Ich werde eine tolle Zeit erleben und das Leben genießen und lange davon zehren. Bis der Tag kommt, an dem ich wieder zurück muss. Raus aus dem Traum, aus der sichereren Blase, zurück in die Realität – in mein echtes Leben. Zurück zu den vertrauten Gesichtern, der vertrauten Umgebung, den vertrauten Sorgen und Zweifeln. Was hat sich verändert? Werde ich mit Schmerz konfrontiert? Kommen neue Probleme und Sorgen dazu? Und sofort wünsche ich mir, zurück gehen zu können. Noch eine kurze Weile länger diese Unbeschwertheit erleben und nicht an morgen denken müssen. Und doch ist sie immer da. Die Gewissheit, dass man so nicht weiter machen kann.
Ich habe keine Angst davor zu gehen. Ich habe Angst davor zurück zu kommen.