Veröffentlicht: 26.07.2019. Rubrik: Unsortiert
MOSERN
Seit sechs Monaten arbeite ich an meiner neuen Unternehmensidee. Will keinen Chef mehr haben. Nicht mehr zu Kreuze kriechen müssen. Frei sein. Bisher arbeitete ich, nein arbeite noch, wenn man meine Überstundenabarbeitung Arbeit nennen will, immerhin habe ich diese ja geleistet, im Kundendienst eines mittleren Unternehmens der Telekommunikation das durch Schnäppchenpreise glänzt. Musste mich mit Anliegen der Kundschaft auseinandersetzen. Mit Reklamationen. Beschwerden. Unrechtmäßigen Kündigungen von Verträgen. Behaupteten Monatsrechnungsfehlern. Unermesslichen Roaming Gebühren und was es da noch alles gibt. Niemand kann sich vorstellen über was Kunden sich beschweren, mosern können. Unser Netz soll für Buchstabenfehler in SMS‘s haften. Beispiel gefällig? Erst kürzlich geschehen. Noch vor meiner Überstundenflutabbauversuchen. Das SMS habe gelautet „ICH LIEBE DICH IMMER“ und da habe sich ein unerlaubtes „N“ eingeschlichen, sein Leben zerstört! Ja, meine Aufgabe war es, ist es, Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Alles daran zu setzen Reklamationen und Beschwerden abzuwimmeln.
Und eins kann ich versichern: Ich habe unentwegt gelernt. Gelernt von der Kundschaft, gelernt wie zu mosern ist. Mosern: herummäkeln, herumnörgeln, herumkritteln, herummeckern, herumquengeln, herummosern, motzen, maulen, kein gutes Haar an jemandem lassen. Und das ist die Grundlage meiner Unternehmungsidee. Der MOSERN-AKADEMIE. Ich werde für meine Kunden mosern. Ideen liefern wie das am besten zu bewerkstelligen ist. Genial, nicht wahr? Und jetzt setze ich meine Crew zusammen. Geniale Mosernisten. Die Mosern was der Tisch, nein, was der Boden aushält. Doch wie komme ich an die geeigneten Menschen heran? Mit Inseraten ist es so eine Sache!
‚GENIALE MOSERNER/MOSERNINNEN/MOSERNERES gesucht‘, da wird sich kaum jemand melden, der Beruf ist ja noch nicht genügend bekannt. Zuerst ausbilden, sage ich mir. So gründe ich jetzt die Fachhochschule im Mosern. DIE MOSERN-AKADEMIE mit einem Bachelor im Mosern, einem dann fortbildenden Masterkurs. Vierjährige Ausbildung. Bis zum staatlich geprüften und anerkannten Moserner, Mosernin, Mosernes. Die einzige Klippe wird sein: Wie umschiffe ich alle Moserneien die unsere Absolventen gegen mich einsetzen werden? Oder kann ich diese als Lehrstücke verwenden? Benötige also keinerlei Lehrkräfte. Wirklich genial! Oder etwa nicht?
PS: Falls jemand gegen diese Kurzgeschichte mosern will, ist er, sie, es herzlichst eingeladen meinen Fachlehrgang in der MOSERN-AKADEMIE zu besuchen. Voraussetzung ist ein mosernder Charakter. Doch keine Bange, der steckt in jedem von uns!