Veröffentlicht: 28.04.2025. Rubrik: Menschliches
*Schachmatt - 1.Teil
[Nach einer wahren Begebenheit]
Ob ich mir einmal erlauben soll, Episoden aus meinem Leben als Schachspiel zu betrachten? Warum die Ereignisse nach so langer Zeit nicht als ein Spiel ansehen? So gesehen, ist mir schon mehrfach Schach geboten worden, doch hatte ich mich immer irgendwie aufrappeln können.
Einmal habe ich allerdings selbst zur Schachpartie herausgefordert, meinen damaligen Mann. Den Winkelzügen nach war es ein gewagtes Schachspiel, das wir spielten. Leider bin ich keine geschickte Schachspielerin. Gut, ich hatte den ersten Zug getan, also waren mir die weißen Spielfiguren zuzuordnen. Weiß gegen Schwarz? Gut gegen Böse?
Mein Ehemann, der Familienvater, hatte es zu weit getrieben. Es ging nicht mehr um. Also beschloss ich, mich scheiden zu lassen. Um ein Zeichen zu setzen, feierte ich den Heiligen Abend nur mit den Kindern, ohne ihn. Darin bestand mein erster Zug, ich wünschte mir ein 'Räuberschach', mit zügigem Sieg.
Scheinbar zerknirscht nahm er es hin, den Leidenden heischend. Er gab sich reuevoll, schlug eine Eheberatung vor. Natürlich suchte er langwierig danach und konnte keinen früheren Termin finden, als kurz vor Ostern. Das war sein erster Zug, er setzte auf eine langsame, zermürbende Taktik.
Meine Eltern hatte ich gegen mich, sie spielten eh lieber 'Mensch-ärgere-dich-nicht' als Schach. Wie konnte ihre Tochter es nur wagen, ein Schachspiel zu beginnen? Gegen ihren Mann, dem sie treu ergeben und untertan zu sein hatte, ihrer Meinung nach.
Ich jedoch widersetzte mich ihm, fing an ihn zu schelten wegen seiner falschen Versprechen, zerschmiss dabei etliches Geschirr, um meine Entschlossenheit zu demonstrieren. Etliche seiner Bauern fielen, sein Läufer, sein Springer. Ich schaffte es, ihn kurzzeitig aus der gemeinsamen Wohnung zu werfen, die mir gehörte; zudem hatte er ja nie einen Finger krumm gemacht darin. Sogar gestrichen, tapeziert hatte ich alleine. Kam eine Reparatur daher, war sie noch immer auf meine Kosten gegangen. Nein, er hatte kein Recht auf kostenloses Wohnen.
So wüst ging es zu bei uns. Meine Raubritter-Züge verschafften mir tatsächlich einen Vorteil. Doch da zog er unvermutet seinen Turm, ein starkes Gewicht im Spiel. Er verlor seine Arbeit, damit hatte ich nicht gerechnet. Ungewaschen war er hingegangen, bezecht, stinkend, bis sie ihn hinausgeworfen haben.
Dass er ein Alkoholiker war, das wusste ich längst. Endlich kam Bewegung in unsere tragische Geschichte, in unserem Schachspiel setzte dagegen eine Denkpause ein.

