Veröffentlicht: 30.01.2025. Rubrik: Menschliches
Nackich gemacht!
(sozusagen)
Wenn ich mal irgendetwas lese, lege ich mit hoher Wahrscheinlichkeit Bewertungsgrade an die ich vor vielen Jahren mal in der Buchhändlerschule gelernt habe. Einmal lese ich quer um den Inhalt des Textes zu erfassen, also um den groben Überblick zu erhalten. Das geht ziemlich schnell, Das sogenannte Querlesen ist auch heute noch für den normalen Konsumenten eine große Geheimlichkeit (ist aber sehr einfach, werde es bei Gelegenheit offenbaren).
Egal ob 0815 Schwarten also Herz und Schmerzschmonzetten (weigere mich heutzutage so etwas überhaupt nur anzufassen) oder der gehobenen Literatur, ich denke da nicht zuletzt an Tolstoi oder Peter Marginter (der Baron und die Fische) und andere, manchmal sehr schwer verdauliche Schreiberlinge. Geht ziemlich schnell und funktionierte bis jetzt eigentlich immer, zu meinem Erstaunen.
Bevor mir das große Geheimnis der Literaturerfassung beigebracht wurde (Querlesen) musste ich erst schriftlich obwohl ich dazumal und nie diesem Verein angehört habe, eine Einschätzung zu irgendwelchen Parteitagen der SED geben. Für diese Voraussetzung gab es ein Fach auf welches sehr großer Wert gelegt wurde. ML (Marxismus Leninismus), ein Fach welches dann spurlos 1989 vom Lehrplan für angehende Buchhändler verschwand. Als ich in einer Belegarbeit Bedenken anklingen ließ, ob der Sozialismus immer und in jedem Fall SIEGHAFTIG (was für ein Wort) sein würde, bekam ich eine sehr schlechte Benotung darauf und wäre fast von der Schule geflogen. Die war damals in Leipzig und durch Zufall habe ich dort einen gewissen Jürgen Hart, den Schöpfer der sogenannten Sachsenhymne (Sing mei Sachse sing) in der Kneipe kennengelernt. Er hing dazumal heftig an der Flasche und ich denke ich darf den Klarnamen verwenden, denn der Mensch ist leider schon lange tot (2002). War übrigens ein hervorragender Kabarettist, bei den Akademixern , wenn ich mich richtig entsinne. Habe die damals gehört und gesehen, wurde von meiner älteren Schwester dahin geschleppt und habe es nicht bereut. Meine große Schwester wohnt heute noch in Leipzig und war früher ebenfalls Buchhädler(in) und Bibliothekar(in). Mit Studium, da konnte ich erst viele Jahre später dagegen anstinken(gegen den Studienabschluß). Zuletzt hatte sie am Leipziger Flughafen in einer Buchhandlung gearbeitet, bevor sie in Altersrente ging.
Zum zweiten lese ich selbiges um mich am geschilderten Geschehen zu erfreuen, auch wenn es nur reine Fiktion sein sollte (Science Fiction) oder fürchterbar zu gruseln (Horror).
Sollte mir alles bis dahin zusagen kommt mir es ein drittes Mal unter um mich an stilistischen Formulierungen oder ähnlichem nochmals ausgiebig zu erfreuen. Dann setz das „Werk“ Staub an bis ich es verschenke oder in den Secondhandshop von Oxfam (internationale Hilfsorganisation) mitnehme. Da arbeite ich einmal in der Woche ehrenamtlich als Mensch für die Bücher.
(ORF)
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