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geschrieben 2016 von Vothan.
Veröffentlicht: 30.11.2018. Rubrik: Historisches


Einlaufen nicht nach Plan

Eine Erzählung nach einer wahren Gegebenheit aus den Jahre 1977 als Wehrpflichtiger bei der Bundesmarine.
Das Manöver lief über mehrere Tage bis zum Donnerstag 24:00 Uhr und der Folgebefehl lautete: „Rückfahrt zum Heimatstützpunkt (Wilhelmshaven) und Einlaufen Freitag 24:00 Uhr“.

Wir kamen von einem Manöver mit unseren Küsten-Mienensuchboot aus der Ostsee zurück und liefen in Kiel-Holtenau, zum Einschleusen in den Nord-Ostsee-Kanal ein.
Nach dem Einlaufen in die Schleuse gibt es aus Tradition ein Eis, das Kanal-Eis. Es dient dazu die Kanalfahrt etwas zu beleben, ein Kamerad verlässt das Boot.

Schnellboote waren vor uns eingetroffen und lagen vor der Schleusung an der Pier. Wir sind als Ersten in die Schleuse eingelaufen und die Schnellboote verholten zu uns in dieselben Schleusenkammer. Kurz vorm Ausschleusen ist der Kamerad wieder am Bord, es gibt kein Eis. Der Kiosk an der Schleuse ist von den Kammeraden der Schnellboote geplündert worden.

Acht Stunden Kanalfahrt liegen vor uns. Acht Stunden den Notruderraum besetzen. Acht Stunden langsame Fahrt. Acht Stunden geringe Maschinenleistung. Acht Stunden Langeweile.
Aber Langweile bei einer Kanalfahrt ist gut, denn dann läuft alles Ordnungsgemäß. Ich muss zum Dienst in den Maschinenraum, haben wir noch einen „Lassiter Wester“ den kenne ich noch nicht. Ja, gut wenigstens etwas zum Lesen. Der E-Maat sitzt in seinem Liegestuhl auf dem Achterdeck am Notruderraum und hat sein Buch vor der Nase.

Gegen siebzehn Uhr wir laufen in die Schleuse Brunsbüttel ein und sind die ersten in der Schleusenkammer. Die Schnellboote kommen zu uns in der Kammer.
Auslaufen aus der Schleuse Brunsbüttel auf die Elbe. Es darf wieder mehr Fahrt macht werden, langsame Fahrt und volle Steigung der Propeller macht zwölf Knoten. Die Schnellboote kommen von hinten auf, schwarze Wolken dringen aus den Abgasrohren der Schnellboote. Erste Gelegenheit die Motoren frei zu mache. Schnellboote haben vier Motoren und bei Kanalfahrt sind zwei Motoren vorwärts eingekuppelt kleinste mögliche Fahrt und zwei Motoren rückwärts laufend ausgekuppelt im Stand bei für ein Bremsmanöver. Auf der Elbe alle vier Motoren eingekuppelt Langsame Fahrt, das sind bei denen rund zwanzig Knoten. Wie sie an uns vorbeilaufen sieht es so aus als würden wir stehen.

Eine Ankündigung des Kommandanten erfolgte über die Lautsprecher „Einlaufen Wilhelmshaven 24:00. Möglicherweise zwei Stunden Ankern auf Schillig Reede“. Querfahrt über den Flachwasser Fahrweg Elbe-Weser, das heißt „Große Fahrt“ mit Seegang, bei unserem Boot vierzehn Knoten und normalen Dienst. Um 20:00 beginnt mein Dienst im Maschinenraum. Überwachung der beiden Hauptmaschinen und des E-Diesels. Alles in Ordnung. Druckluft Flaschen sind voll und es ist genug Treibstoff in den Verbrauchsbehältern. Öldruck und Stand auf den Maschinen sowie den Getrieben ist ausreichend. Normale Routine also in regelmäßigen Abständen alles wiederholt kontrollieren und eventuell nachfüllen.

Plötzliche Leistungsänderung auf den Hauptmaschinen und eine harte Ruderlage, das Boot neigt sich zur Seite. Dann stoppen die Motoren, für fünf Minuten, für zehn Minuten, für fünfzehn Minuten, jetzt klingelt der Maschinentelegraf. Der Motoren-Maat springt die Leiter zum Maschinenraum runter und lässt die beiden Motoren an und saust in Windeseile die Leiter wieder zum schiffstechnischen Leidstand rauf. Der Maschinentelegraf klingelt, klingelt, klingelt und klingelt, die Motoren und Turbolader werden immer lauter. Schnell wieder Luft in die Flaschen pumpen, denn die wird zum Anlassen und zur Steuerung benötigt. Ich werfe einen Blick auf den Drehzahlmesser der Hauptmaschinen, Höchstdrehzahl und die Turbolader jaulen sehr schrill und ohrenbetäubend. Schnell noch Öl an den Maschinen peilen, die brauchen bei der Drehzahl viel Öl, auf der Backbord Maschine muss ich fünf Liter nachkippen, Steuerbort nur zwei. Steuergestänge auch noch nach ölen, die Abgaskrümmer zu der Turboladern glühen kirschrot. Wir laufen Äußerste Kraft das Log sagt 25 Knoten (46 km/h). Nach einer halben Stunde wird die Leistung zurückgenommen, danach ist das Boot am vibrieren und die Turbolader durch den Lastwechsel wieder am heulen. Ein leichtes Rucken und ein kaum merklicher Schlag gehen durch das Boot. Wir haben Angelegt.

Der Blick auf die Uhr sagt 21:30, wir sind als nicht um 24:00 eingelaufen. Es wird der Befehl gegeben „Feuer aus“. Das heißt Hauptmaschinen aus und die Kraftstoff Ventile schließen, so wie auch die Seewasser Ventile schließen. Jetzt die Dekompressionsventile öffnen, 16 Stück pro Hauptmaschine. Sonst sind wir immer zu zweit um „Feuer aus“ zu machen jetzt bin ich alleine am Arbeiten. Die Verstell Anlage für die Propeller ausschalten und danach die Elektro-Schalttafel auf den E-Raum umschalten. Nur noch den E-Diesel herunter fahren und bei niedriger Drehzahl ein wenig laufen lassen, danach abschalten und ihn für einen Neustart vorbereiten, die Ventile schließen. Im E-Raum stirbt auch der Diesel, wir sind jetzt auf „Ladenschluss“. Nun brauche ich nur noch die Luftanlage zu schließen. Danach kann ich den Maschinenraum verlassen. Ich steige die Leiter zum Leitstand rauf und melde „Feuer aus“ dann darf ich wegtreten.

Beim aufsuchen des Decks hatte ich einen riesigen Durst, so dass die Flasche Wasser in einem Zug durch meine Kehle rann. Ein Kamerad fragte mich ob ich von der Rettungsaktion nichts mitbekommen habe. Ich verneinte: „Im Maschinenraum habe ich nur die Fahrerei mit den Hauptmaschinen mitbekommen, aber was wirklich passiert war habe ich keine Ahnung“.
Der Kamerad erzählte: „Wir haben zwei Schiffbrüchige aufgefischt. Der Decksmeister hat sie gesehen und dann wurde das Schlauchboot klar gemacht. Die Maaten waren schon im Schlauchboot bevor es am Davit hing. Die sind mit den Paddeln angefangen bevor sie auf dem Wasser waren. Es ging alles sehr schnell. Als wir einliefen standen schon die Rettungswagen auf der Pier und die Tragen mit den Rettungskräften auf dem Ponton.“
Ein paar Minuten später kam eine Lautsprecher Durchsage vom Kommandanten:
„Die beiden Schiffbrüchigen seien mit starken Unterkühlungen in das Krankenhaus eingeliefert worden. Es habe einen Sportboot Unfall gegeben, der vom Ufer aus beobachtet worden ist. Nach der Meldung sind die Seenotrettungskreuzer von Wilhelmshaven und Helgoland zur suche Ausgelaufen. Wir haben die Meldung über den Unfall noch in der Ostsee aufgefangen. Gegen 19:00 haben die Seenotrettungskreuzer aus Sicht gründen abgebrochen. Nur durch puren Zufall hat unsere Seemännische Nr. 1 die Beiden gesichtet. Ich bedanke mich auch im Namen der Geretteten für das schnelle, selbstlose und doch besonnene Eingreifen der Besatzung bei der Rettung. Die beiden Geretteten hätten keine Chance mehr gehabt, sie waren soweit Unterkühlt, dass sie Bewegungsunfähig waren. Nochmals vielen Dank auch von den Geretteten. Ausscheiden mit Dienst um 23:00. Danke.“

Wir sind über zwei Stunden früher im Stützpunkt und haben über drei Stunden eher Dienstausscheiden. Dadurch können wir noch nachhause fahren sonst hätte das Wochenende erst am Samstagmorgen angefangen.

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