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4xhab ich gern gelesen
geschrieben 2023 von Vomitor (Vomitor).
Veröffentlicht: 26.01.2023. Rubrik: Grusel und Horror


Die Lichtung

»Vor was laufe ich eigentlich davon?«, dachte sich Alexander während er mit seinem Rad den Schotterweg in den Wald fuhr.
Es fiel ihm nicht ein, da war nur ein unbestimmtes Gefühl der Angst.
Er spürte die kühle Herbstluft in seinem Gesicht während er zwischen den Bäumen vorbei rauschte.
»Was diese alten Bäume wohl schon alles gesehen haben müssten?« , ging ihm durch den Kopf.
Eigentlich liebte Alexander das Rad fahren, doch an diesem Tag war es mehr Zwang als Freude.
Es war noch Tageslicht, doch je weiter er in den Wald fuhr desto dichter wurde der Nebel.
Ein unbehagliches Gefühl machte sich in ihm breit und wie von einem Instinkt getrieben fuhr er immer schneller.
Alexander raste nur so dahin, die Waden schmerzten mittlerweile, und Schweiß machte sich unter seiner grünen Herbstjacke breit.
Plötzlich spürte er einen starken Widerstand und sein Lenker riss zur Seite.
Er versuchte das Gleichgewicht zu halten, doch kam ins Straucheln, konnte sich nicht mehr halten und fiel vom Rad.
Als er wieder zu sich kam lag er am Schotterboden.
Das rechte Knie brannte, Blut rann am Schienbein herunter.
Schwindelig richtete Alexander sich wieder auf und ertastete seinen Kopf.
»Gott sei Dank nichts passiert« dachte er sich.
Das Fahrrad lag seelenruhig neben ihm am Boden.
Als er es aufrichten wollte bemerkte er einen Platten am Vorderrad.
»Scheiße, jetzt kann ich zu Fuß weiter gehen« ärgerte er sich.
Noch halb benommen sah er sich um und bemerkte ein paar Meter entfernt einen großen Stein, mitten auf der Strecke von der er gekommen war, aus dem Boden ragen.
»Das war also der Übeltäter« schimpfte er laut vor sich hin.
Er betrachtete den Stein genauer.
Irgendetwas erinnerte ihn an ein Überbleibsel einer alten Kultstätte aus einer längst vergessenen Zeit, von der er schon so viel in seinen Büchern gelesen hatte.
Längst vergessene Erinnerungen kamen hoch, an selige Zeiten zu Hause in seinem Lesestuhl.
Wann hatte er das letzte mal gelesen? Er konnte sich nicht mehr erinnern.
Ein Knacken hinter ihm riss ihn aus seinen Gedanken.
»Was war das?« Er drehte sich um, konnte aber nichts erkennen.
»Ich muss weiter« dachte er nervös.
Das Rad lehnte er an einen Baum und machte sich zu Fuß auf den Weg.
Je weiter er ging, desto fremder kam ihm der Wald den er seit seiner Kindheit kannte vor.
Die alten Bäume rings um ihn, nebelverhangen, mit langen Ästen wie Hände die nach ihm greifen wollten.
Eine unheimliche Stille war hier.
Kein Vogel zwitscherte und auch sonst kein Anzeichen von Leben, nur das Geräusch seiner Schritte am Boden.
»Beruhige dich« redete er auf sich selber ein.
Zittrig trabte er voran als er plötzlich aus der Ferne etwas hörte.
Sein Herz begann zu klopfen während er angestrengt lauschte.
Er bildete sich ein Kinderstimmen zu hören, aber es war zu weit weg um sicher zu sein.
All seinen Mut zusammengenommen machte er sich auf den Weg in Richtung der Geräusche.
Das Gehölz knackte unter seinen Füßen während er sich von Baum zu Baum schlängelte immer tiefer in den dichten Wald hinein.
Je näher er kam umso deutlicher war etwas zu hören.
Ein leiser monotoner Gesang ergriff seine Ohren.
Alexander bekam ein ungutes Gefühl.
»Sollte ich besser umdrehen?« dachte er sich, doch da trieben ihn seine Füße schon weiter voran.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor bis er endlich nahe genug dran war.
Der Abend fing mittlerweile an zu dämmern, als er inmitten des dichten Waldes eine kleine Waldlichtung mit einer alten Moos behangenen Hütte ohne Fenster entdeckte.
Langsam schlich er sich von Baum zu Baum um einen Überblick zu bekommen.
Dort standen sie, eine Gruppe von kleinen Kindern in scharlachroten Gewändern.
In einem Halbkreis standen sie da wie Zinnsoldaten, ihre kleinen Hände in die Luft gereckt, den Blick auf eine Statue vor ihnen gerichtet, und sangen.
Der Gesang lies Alexander erschaudern.
In einer fremdartigen Sprache kamen unheilvolle Strophen aus den Lippen der Kinder, dass es ihm eiskalt den Rücken runter lief.
»Was geht hier vor?«, dachte er sich.
Dann fiel sein Blick auf die Statue, welche die Kinder unentwegt anstarrten.
Beim genaueren Anblick übermannte ihn eine plötzliche Übelkeit.
Ein widerwärtiges Wesen,dass nicht von dieser Welt zu kommen schien thronte auf einem Podest.
»Kein geistig gesunder menschlicher Geist könnte sich ein Wesen von so tiefgründiger Abartigkeit auch nur vorstellen« dachte er, während er sich verkrampft an einem Ast festhielt.
Die Statue hatte seine ganze Wahrnehmung eingenommen, sodass er erst jetzt bemerkte, dass sich noch eine Person auf der Lichtung aufhielt.
Etwas entfernt, zwischen der alten Hütte und der Statue mit den Kindern, stand eine dürre Gestalt mit rabenschwarzer Kutte und einem in dunkles Leder gebundenes Buch in den Händen.
Unter der Kapuze konnte Alexander ein weibliches, von den Jahren gezeichnetes Gesicht erkennen.
Die unheimliche Frau blickte unentwegt in das große Buch in den Händen und nuschelte wie in Trance unverständliche Laute vor sich hin.
Eine Eises Kälte ging von ihr aus, die Alex bis in seine Knochen spürte.
Lange beobachtete er die ihm unverständliche Szenerie.
Plötzlich hörten die Kinder zu singen auf.
Er hatte sich so an den monotonen Gesang in seinen Ohren gewöhnt, dass er erschrak als plötzlich Stille eintrat.
Für einen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben.
Ein knarzendes Geräusch durchbrach die Stille und die Tür der Hütte ging langsam auf.
Ein bärtiger alter Mann, der an einen finsteren Priester erinnerte, mit einer nackten, geknebelt und gefesselten jungen Frau, die regungslos in seinen Händen hing, kam aus der Tür heraus.
Der zarte Körper der Frau war völlig übersät mit blutverkrusteten Wunden.
Alex beschlich die Panik. Tausend Gedanken rasten durch seinen Kopf.
War die Frau noch am Leben? Was sollte er machen? Sollte er eingreifen oder wegrennen und Hilfe holen?
Völlig starr vor Angst blickte er weiter dem dunklen Treiben zu.
Ehrfürchtig ging der alte Mann langsam weiter und legte die geschändete Frau behutsam vor der abscheulichen Statue auf den Boden.
Er trat ein paar Schritte zurück und machte mit seinen Händen seltsame Schriftzeichen in die Luft.
Die alte Frau, die noch immer mit ihrem ledergebunden Buch in der Nähe stand, blätterte ein paar Seiten weiter und fing daraus an ein Gebet vor zu lesen.
Immer lauter, fast zischend kamen die fremdartigen Laute aus ihrem Mund.
Alexander lies dieses unheilvolle Gebet erschaudern.
»Sollte es einen Gott geben, dann ist er hier an diesem Ort nicht anwesend« dachte er, während ihm kalter Schweiß den Rücken runter lief.
Dann bemerkte er eine Bewegung.
Die junge Frau am Boden fing plötzlich an sich zu regen.
Langsam öffnete sie ihren Augen und sah sich um.
Als sie erkannte in welcher Lage sie sich befand fing sie an sich am Boden zu winden.
Durch den Knebel in ihrem Mund hörte man nur ein leises Wimmern, das von dem Gebet der dunklen Priesterin übertönt wurde.
In den Augen konnte man ihre Todesangst erkennen.
Der bärtige alte Mann beobachtete mit ernster zufriedener Miene diese abscheuliche Zeremonie.
Dann fuhr die linke Hand unter seine Kutte um etwas hervor zu holen.
Erhaben hielt er einen langen spitzen Dolch mit rubinrotem Griff in seiner Hand.
Er streckte ihn gen Himmel und gab dabei unmenschliche Laute von sich.
Plötzlich knackte es.
Alexander, panisch und verstört, bemerkte nicht, dass er den Ast an dem er sich die ganze Zeit verzweifelt festhielt, umknickte.
Keine Sekunde später waren alle Augen auf ihn gerichtet.
Wie vom Blitz getroffen rannte er los.
Seine Lungen brannten wie die Hölle als er durch den fast schon finsteren Wald lief.
Als er weit genug von der Waldlichtung entfernt war blieb er stehen.
Er lauschte in die Ferne, doch konnte keine Verfolgerschritte hören.
»Um Gottes Willen, was hab ich da gerade gesehen, ich muss sofort Hilfe holen« hörte er sich selber flüstern.
So schnell er konnte lief er weiter, doch plötzlich spürte er etwas an seinem Rücken.
Ein leichtes Brennen, dass sich langsam ausbreitete, um dann in den Körper zu dringen und immer stärker wurde.
Alexander glaubte von innen zu verbrennen und fing an zu schreien.
Ein unerträglicher Schmerz durchfuhr seinen ganzen Körper bis er schließlich zusammenbrach.

Als er die Augen öffnete befand er sich in einem mit Kerzen beleuchteten modrigen Raum, mit alten Holzwänden, ohne Fenster und einer geschlossenen Tür.
Er wollte sich gerade aufrichten, doch da bemerkte er die braunen Seile mit denen er an einem Tisch festgebunden war.
Er versuchte daran zu rütteln, aber sie gaben nicht nach.
Da hörte er von draußen leise Schritte näher kommen.
Die Tür ging mit einem knarzenden Geräusch auf, und vor ihm stand der dunkle Priester, der ihn mit seinen teuflischen Augen an sah.
Eine bedrohliche Aura umgab den alten Mann, der immer näher an ihn heran trat.
Alexander windete sich mit aller Kraft, er wollte nur weg von hier, doch da spürte er schon die eiskalten Hände des Mannes auf seiner Haut, die ihn festhielten.
Der Priester schnitt die Seile am Tisch los und band sie um Alexanders Hände und Beine.
Mit einem Ruck hob er ihn vom Tisch und stolzierte nach draußen.
Alexander hörte das höhnische Lachen der Kinder, als er vor der grässlichen Statue in eine Blutlache auf den Boden gelegt wurde.
Mit Grauen in den Augen erblickte er in der Wiese nicht weit von ihm, regungslos mit einem blutigen Loch im Hals, und leblosen starren Augen die junge Frau.
Eine noch nie empfundene Todesangst überkam ihn und zum ersten mal in seinem Leben fing er zu beten an.
Er flehte und winselte verzweifelt zu Gott, doch da zückte der alte Priester vor ihm schon seinen Opferdolch.
Mit unvorstellbarer Geschwindigkeit stach er zu.
Alexander spürte das Eindringen des Dolches in seinen Hals, und dann überwältigte ihn eine tiefe Finsternis.


Ein Mann in einem Arztkittel schaute besorgt in Alexanders Augen als er sie öffnete.
Als er wieder halbwegs bei Sinnen war fragte er den Mann was geschehen sei.
»Sie sind in einer Klinik des Vatikan, da sie vom rechten Weg abgekommen sind«, antwortete der.
Alexander musste seine Gedanken ordnen, da bemerkte er auf seinem Kopf einen Helm, der mit seltsamen Kabeln zu einem Computer führten.
»Was soll das heißen?» fragte er verwirrt.
Der Arzt sah Alexander tief in die Augen und antwortete: »Da sie nicht an unseren alleinigen heiligen Schöpfer glauben wollen, behandeln wir sie hier mit künstlichen Halluzinationen um sie auf den rechten Weg zu führen.
Sie machen mittlerweile schon Fortschritte, vor kurzem wollten sie uns noch abhauen.
Aber die Therapie ist erst beendet wenn sie geheilt sind.«
Alexanders Herz fing zu rasen an, da riss er sich den Helm vom Kopf, sprang vom Bett und lief Richtung Ausgang.
Als er die Türschnalle nach unten drückte spürte er eine Spritze sich tief in seinen Oberarm bohren.
Mit letzter Kraft schaffte er es noch die Tür aufzureißen, doch da wurde ihm schwarz vor den Augen und er fiel in einen tiefen Traum...

An einem kühlen Herbsttag fuhr Alexander mit seinem Rad den Schotterweg in den Wald hinein.
»Vor was laufe ich eigentlich davon?« fragte er sich.
Es fiel ihm nicht ein, da war nur ein unbestimmtes Gefühl der Angst.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Marlies am 27.01.2023:

Moin Vomitor , Ganz schön gruselig . Hat mich mitgenommen in den unheimliche Wald . Lg. Marlies




geschrieben von Vomitor am 30.01.2023:

Hallo Marlies! Ich danke dir fürs lesen und kommentieren. Ist mein erster Text den ich verfasst habe. Die Motivation dahinter war eigentlich ein Traum, den ich vor langer Zeit mal hatte. Der fing zumindest so an wie die Geschichte, war aber bei weitem nicht so schlimm.




geschrieben von ArthurW-Sync am 14.03.2023:

Hi Vomitor, schöne Geschichte.

Ich bin Synchronsprecher und würde Sie gern kostenlos für dich vertonen. Ich würde mich freuen wenn du dich bei mir melden würdest E-Mail: arthurw-sync@web.de

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