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geschrieben 2018 von Christine Todsen.
Veröffentlicht: 31.07.2018. Rubrik: Märchenhaftes


Amandas Hochzeit

Es war einmal ein übler Mann, der in der ganzen Gegend unter dem Namen Bösewicht bekannt war. Dieser wollte die schöne Amanda heiraten, doch sie wies ihn ab und verlobte sich wenig später mit dem sanften, klugen Angelo.

Der Bösewicht drohte Amanda: „Das wirst du bereuen! Ich werde dafür sorgen, dass aus eurer Hochzeit nichts wird!“

Weinend berichtete Amanda dies ihrem Verlobten. „Hab keine Angst“, tröstete Angelo sie, „er kann uns nichts tun.“

Als der große Tag gekommen war und das Brautpaar mit seinen Gästen das Trauzimmer im Rathaus betrat, stand auf dem Tisch des Standesbeamten ein mit einem Tuch verhangener Gegenstand. „Es scheint ein Vogelkäfig zu sein“, flüsterte Amanda ihrem Bräutigam zu, „ob jemand uns Hochzeitstauben geschenkt hat?“

Doch dann erstarrten alle. Unter dem Tuch drang ein Laut hervor. Es war nicht das Gurren einer Taube, sondern ein krächzendes „Nein!“

Angelo fasste sich als erster wieder. Kurzentschlossen zog er das Tuch beiseite. Zum Vorschein kam ein Rabe, der fast den ganzen Käfig ausfüllte und immer wieder „Nein!“ krächzte.

„Die Rache des Bösewichts!“, schrie Amanda. „Ein Unglücksvogel!“

„Ruhig, Liebste, ein Rabe muss kein Unglücksvogel sein.“

„Aber er sagt dauernd ‚Nein‘!“

„Weil es das einzige Wort ist, das der Bösewicht dem armen Tier beigebracht hat. Das ist aber nicht schlimm. Man muss lediglich aufpassen, wie man fragt.“

Zum Standesbeamten gewandt sagte Angelo: „Der Käfig wird sofort entfernt. Nur zwei Fragen muss ich dem Raben vorher noch stellen, damit meine Braut sich beruhigt.“

Schnell sprechend, bevor das jeweils nächste „Nein“ kam, fragte Angelo den Vogel:
„Bringst du Unglück?“ – „Nein!“
„Soll Amanda einen anderen als mich heiraten?“ – „Nein!“

Triumphierend winkte Angelo einen Freund herbei: „Bring den Käfig bitte nach draußen, damit der Rabe uns nicht weiter stört. Aber lass ihn noch nicht frei. Das machen wir nach der Trauung. Andere lassen Tauben fliegen, wir einen Raben. Der Bösewicht wollte uns schaden, aber das ist ihm nicht gelungen. Im Gegenteil.“

Als das frischgebackene Ehepaar ins Freie schritt, trug Amanda den Käfig. „Eine Frage noch, Rabe“, sagte sie, „wird unsere Ehe jemals in die Brüche gehen?“

„Nein!“, krächzte der Rabe. Dann öffnete sie die Käfigtür, und gemeinsam mit Angelo streichelte sie den Glücksvogel, bevor er sich in die Lüfte schwang und davonflog.

Amandas Blick glitt zum Eingang des Stadtparks in einiger Entfernung vom Rathaus. „Ich glaube, da hinten am Gebüsch steht der Bösewicht. – Jetzt ist er weg.“

Man sah ihn nie wieder.

Amanda und Angelo feierten froh, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Weißehex am 02.08.2018:

Was für ein schönes Märchen! Zauberhaft!




geschrieben von Wossi van Kitzelmaus am 05.08.2018:

Tolle Idee. Es kommt immer auf den Blickwinkel, oder hier die Frage, an.

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