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geschrieben von 370horst.
Veröffentlicht: 24.03.2018. Rubrik: Unsortiert


Meine Sonntagsfahrt mit der Deutschen Bahn

Meine Sonntagsfahrt mit der Deutschen Bahn
Es war am 2ten Sonntag im März. Meine Schwester fuhr mich, wie immer nach meinem Besuch bei meinem Junior, früh morgens nach Fulda an den Bahnhof.
Wir erreichten den Bahnsteig gegen 08:30 Uhr und es fehlte mein Zug auf der Anzeigetafel. Es war nur der verspätete ICE von 08:04 Uhr verzeichnet (90 Min. Verspätung). Es kamen weitere Mitreisende meines Zuges! Eine sich bildende Menschentraube fragte sich, was mit dem Zug wohl sei? Da erklang eine Stimme aus den Lautsprechern, welche darauf hin wies, das der ICE 986 50 Min Verspätung hätte. Ich überlegte, wenn wir noch 50 Min Zeit haben, spricht nichts dagegen seinem Magen was zum Verdauen anzubieten. Zum Glück beschloss ich zuerst bei der Info vorbei zu gehen. Ich fragte nach meinem Zug. Die freundliche Dame wollte mir gerade eine neue Verbindung aufschreiben, da klingelte ihr Telefon. So erfuhr ich, dass mein Zug schon durch Flieden durch ist und in 10 Min da wäre… Ich schnell zurück zum Bahnsteig. Und tatsächlich, er traf gerade ein. Jedoch sollte alles anders kommen.
Der ICE fuhr in den Bahnhof wie ein stolzes Mitglied der deutschen Hochgeschwindigkeitseisenbahn. Nachdem der Fluss der aussteigenden Fahrgäste versiegte stieg ich mit den anderen Wartenden ein. Ich hatte Glück und fand noch einen Sitzplatz. Leider sollte ich heute keinen Meter sitzend fahren.
Der Zug stand und stand…. 10 Min nach dem einsteigen kam die erste von 5 Durchsagen. Sinngemäß wurden wir darüber informiert, dass es einen Medizinischen Notfall gab und man auf den Notarzt warten müsse. Die Durchsagen 2, 3 und 4 in den Abständen von jeweils 5 Min hatten den gleichen Inhalt. Die 5. Durchsage überraschte dann die Anwesenden und lies die Gesichter länger und länger werden.
„Liebe Fahrgäste, die Crew dieses Zuges übersteigt gerade die maximal erlaubte Arbeitszeit und wird sich jetzt in den Feierabend begeben. Bitte verlassen sie den Zug. Für diesen endete hier seine Fahrt.“ Beim aussteigen überrollte mich dann fast noch der medizinische Notfall mit seiner rollenden Liege…. Wenigstens einer, der gefahren wurde.
Ich besuchte also meine Dame an der Info erneut. Diese informierte mich darüber, das mein Ersatzzug gerade am Gleis gegenüber meines ersten Zuges steht und als bald fährt. Naja, den Weg kannte ich ja mittler weile. Zurück an den Bahnsteig und das andere Gleis aufgesucht. Da stand nun der Zug, der mit 90 Min Verspätung angekündigt worden war. Aber egal, rein da! Das hatten sich aber auch alle anderen Mitreisenden meines ersten Zuges gedacht. Der Zug war voll, es sortierten sich zwar noch einige in die letzten freien Sitzplätze sowie den Notsitzen. Aber das Verhältnis Sitzplätze zu Reisende lag weit unter 1! Es erinnerte mich an einen indischen Zug. Genauso voll. Dass das Verhältnis noch auf unter 0,5 fallen sollte wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
Auf jeden Fall fiel meiner einer unter die Mitreisenden, welche für die Null vor dem Komma sorgten. Sprich im Gang standen.
Auf einmal passierte etwas auf das ich schon die ganze Zeit wartete. Die letzten 60 Minuten, die ich hier auf dem Bahnhof war. Der Zug fuhr los! Mit mir als Passagier! Heimat ich komme… aber dieses Glücksgefühl hielt nicht lange an… genau 31 Minuten. Dann fuhren wir in Kassel ein. Wir hielten an Gleis 4. Die Türen öffneten sich und… nur vereinzelte Fahrgäste wollte den Zug verlassen, danach strömten gefühlte Zigtausende neue Mitleidente in den Zug. Ich hoffte inständig, dass unsere Zugtüre die einzig offene war und diese Menschenmengen sich noch im Zug verteilen würde. Falsch gedacht, ich hatte eher das Gefühl, dass vor unserer Tür die wenigsten standen und von den vorderen und hinteren Waggons ganze Hundertscharen zu uns rein drückten. Jetzt wäre der Indische Zug eine Wohltat gewesen. Ich hatte eher das Gefühl, als ob draußen Schaffner standen und alle Leute rein drückten, von denen noch ganze Körperteile durch die Türgummis nach draußen quollen. Irgendwann begann der Schmerz des Drückens sich in einen unterdrückten Dauerreiz zu wandeln. Aber vom erneuten losfahren waren wir noch ein paar Minuten weit weg. Kurz vor der Ohnmacht wegen Luftmangels dann diese Durchsage: „Sehr verehrte Fahrgäste, unsere Waage teilt uns mit, das wir die 200% zulässige Überladegrenze überschritten haben. Es werden die Fahrgäste gebeten aus zusteigen, die auch die Möglichkeit haben, einen späteren Zug nehmen können.“ Aber leider kam es nie zu dieser Selektion! Denn sobald die Türen geöffnet wurden entlud sich der Überdruck und genügend Mitreisende wurden zu Nachreisenden degradiert. Leider erwischte auch mich so eine Strömung, und ich fand mich kurzerhand auf dem Kasseler Bahnsteig wieder. Beim schließen der Zugtüren konnte man genau das hämische Grinsen der darin verbliebenen Fahrgäste sehen.
Ich wieder zur Info. Irgendwas irritierte mich aber. Da stand nicht meine treue Seele von Bahnhofsfee, sondern ihr Bruder…. Ach ja, ich bin ja schon eine Station weiter. Meine Sinne wieder beieinander vernahm ich von dieser männlichen Fee: „Wenn sie den Zug auf dem Gleis 3, hier die Rampe runter noch erwischen, können sie damit nach Berlin fahren und von dort den Regional-express bis nach hause.“ Ich sah ihm in die Augen dann zur Rampe hinab und wieder in seine Augen… Sie sagten, „Worauf wartest du denn? Lauf, Forest Gump, lauf…..“ Ich hab mich selten so schnell um 90 Grad gedreht wie da. Die Rampe runter, Gleis 3, offener Zug, juhu, drin!
Doch meine Freude hielt nicht lange an. Genau gesagt bis der Schaffner kam. Der Zug fuhr nämlich nach Hamburg… SCHE…..!!!!! Ich wollte in den Sitz sinken, musste aber feststellen, dass ich stand, wie im letzten Zug.
Mein Kinn muss wohl auf den Boden geknallt sein, so weit stand der Mund offen. Der Schaffner aber sprach mit ruhiger aber erheiterter Stimme: „Das macht doch nichts. Sie fahren jetzt bis Hamburg. Nehmen dort einen RE nach Lübeck. Steigen in den RE nach Lüneburg. Und von da ab entsprechend ihrem Online-Ticket nach Bad Kleinen. Umsteigen nach Bützow und von da aus weiter nach Güstrow.“ In meinem Kopf drehte sich alles. Hamburg….. Hamburg……. Hamburg….. da war doch was….??? Da fiel es mir ein! Mein Bruder wohnt in Hamburg. Angerufen! Der hat mich am Bahnhof abgeholt und nach Hause gefahren! Hat ¼ der Zeit gedauert, wie mein Tagestrip zuvor von Fulda bis Hamburg.
Die Moral von der Geschichte: Auch wenn deine Familie über halb Deutschland verteilt ist, du weißt nicht, wozu du sie nochmal brauchen kannst.

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