Veröffentlicht: 09.05.2021. Rubrik: Kürzestgeschichten
Unendliche Liebe. Vielleicht
Man hört oft, als Teenager wisse man doch gar nicht, was unendliche, richtige Liebe sei. Ich habe immer dem immer widersprochen, denn ich spüre es ja gerade. Ich spüre doch diese echte Liebe und ich spüre auch, dass sie für immer halten wird. Ich zeige es denen allen, dass eine Jugendliebe, die mit 15 Jahren angefangen hat, für immer halten kann, dachte ich mir. Wir entwickeln uns zusammen, werden zusammen erwachsen und stehen alle Schwierigkeiten dabei zusammen durch. Wir lassen zusammen die Pubertät hinter uns und stürzen uns ins das Erwachsenenleben. Nichts kann uns trennen.
Aber ist das wirklich der Fall? Wir haben uns beide entwickelt. Doch auch wirklich in die gleiche Richtung? Ist er noch der Mensch, in den ich mich verliebt habe? Ist es überhaupt diese unendliche und echte Liebe, für die ich es gehalten habe? Vielleicht hatten die Menschen recht. Vielleicht sind wir zu jung zusammen gekommen. Vielleicht habe ich keine Ahnung von echter Liebe. Ich habe ja keinen Vergleich. Vielleicht muss ich mir eingestehen, dass ich mich getäuscht habe.
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Vielleicht habe ich einfach zu viel Zeit gerade, sodass ich anfange mir zu viele Gedanken mache. Denn wenn mir diese ganzen Zweifel meinen Schlaf rauben oder ich vor mich hin tagträume, kommt ganz schnell der Gedanke, ich werde nicht mehr glücklich ohne ihn. Ich brauche ihn. Und zwar mehr oder weniger egal, um welchen Preis. Doch kann gibt es wieder Momente, in denen ich so starke Zweifel hab, dass ich sie verdränge. Ich schäme mich sogar fast für diese Zweifel, denn ich liebe ihn ja und er macht mich glücklich. Ohne ihn bin ich leer. Aber woher will ich dass denn wissen? Ich kann es nicht wissen. Ich stelle es mir nur so vor. Aber was, wenn ich da falschliege? Vielleicht bereue ich in einigen Jahren, das was ich jetzt tue oder eben nicht tue.
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Vielleicht ist es einfach nur eine Phase. Wie das verflixte siebte Jahr. Nur eben im vierten Jahr. Meine Gedanken schwanken oft von „Das ist halt einfach so nach einigen Jahren Beziehung“ und „Nein, das ist nicht normal. Bist du noch wirklich glücklich?“ und wieder zurück. Ich denke mir, dass wird schon vergehen, dass ich so verdammt viel zweifle und hinterfrage. Aber was ist, wenn das nie aufhört? Wenn diese Phase keine Phase ist, sondern Alltag? Will ich das trotzdem? Nehme ich das in Kauf? Der unendlichen Liebe wegen? Kann ich das überhaupt? Für die echte Liebe so viel zurückstecken?
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Es ist die unendliche Liebe.
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.