Veröffentlicht: 21.04.2021. Rubrik: Persönliches
Unterwegs
Als ich in den Zug stieg, mein Koffer war eigentlich viel zu schwer für mich, da wusste ich das ich auf mich alleine gestellt war. Nur die Anwesenheit der anderen Mitreisenden hinderte mich am Weinen. Lausige 6 Jahre war ich alt.
Immer wieder hatte mir meine Mutter eingetrichtert, dass es alles nur zum meinem Wohl wäre. Wie so oft, ließ sie keine weitere Diskussion zu.
So fand ich mich also zwischen Kindern wieder, die mich bereits um ein oder zwei Köpfe überragten und strengen Gesichtern, die sich am Ende dieser Reise als unsere Erzieher vorstellten.
Ich hatte kein besonders gutes Gefühl.
Man musste versuchen stark zu erscheinen. Diese Lektion hatte ich schnell begriffen. Auch aus diesem Grund, drückte ich meine Angst beiseite.
Kurz nachdem der Zug hielt, dirigierte man uns mitsamt unserem Gepäck zu den LKWs, die bereits schon neben den Bahnsteigen vor sich hin tuckerten. Hier wurden sämtliche Koffer und Taschen verladen, was nicht jedes dieser Ungetüme wohlwollend verkraftete. Meiner hielt, denn in weiser Vorausahnung hatte ihn meine Mutter mit einem langen Ledergürtel versehen. Wenigstens in dieser Hinsicht war ich auf der sicheren Seite. Das beruhigte mich einigermaßen. Die Lastkraftwagen machten sich auf den Weg.
Die Jungs und Mädchen, zu denen ich gehörte, kamen in Busse. Die Federn der uralten Sitze bohrten sich in die Rücken.
Kurz darauf fanden wir uns wieder, wie wir über die uns unbekannten Landstraßen zuckelten.
Die Aufregung wich langsam und Ruhe kehrte ein.
In den Augen der anderen Kinder beobachtete ich so etwas wie Neugierde und eine Angst, ähnlich wie meiner.
Alle teilten wir das selbe Schicksal und...
Eine Fliege riss mich aus meinen Gedanken.
Bremsen quietschten. Die Rakete bäumte sich auf. Unsanft wurde ich gegen die Lehne meines Vordermannes gedrückt.
Wir waren angekommen.