Veröffentlicht: 19.02.2021. Rubrik: Unsortiert
FORTSCHRITT
In die Kristallkugel oder verborgene Zeitkapsel blicken? Das verspricht meine Wochengeschichte:
Unwahrscheinliche Fortschritte kann die Menschheit in den letzten hundert Jahren verzeichnen, bemerkt der Professor, der seine Vorlesung über Technikgeschichte hält. Er redet sich richtig ins Feuer. Stellen wir uns doch vor den geistigen Augen vor, wir würden Anfang des letzten Jahrhunderts, also im 20sten leben, uns am gleichen Ort wie jetzt befinden. Statt euren Laptops lägen jetzt Kolleghefte vor euch. Ihr hättet von der Tinte blaue Finger. Keine Kommunikation nach außen. Militärischer Drill würde hier herrschen. Ich wäre DIE Respektsperson, die ihr alle ehrfürchtig grüssen würdet. Und, wenn ich den Hörsaal betrete, herrscht augenblicklich absolute Stille. Die übliche Sitznachbarin, der übliche Sitznachbar fehlt. Eure Gedanken sind schwarz. Ist er, sie bereits verstorben? An der grassierenden Grippe die vor allem junge Menschen erwischt. Was für ein Glück wir haben in der heutigen Zeit zu leben. Und fährt fort, unsere Aufgabe ist es heute aber nicht in die Vergangenheit zu tauchen die sich nicht rosa wie ein blutiger Sonnenuntergang präsentiert. Unsere Aufgabe, die wir heute zu bewältigen haben ist vielmehr die Zukunft zu ergründen. Uns nicht nur vorzustellen wie es in 100 Jahren hier in diesem Saal aussehen wird, denn Vorstellungen sind zwar ganz nett, aber wir betreiben hier Wissenschaft, die mit Wissen anzureichern ist. Wir sollen anhand aller Algorithmen und extrapolierten Berechnungen und Statistiken eine Wahrscheinlichkeitsrechnung erstellen, wollen diese dann hier gemeinsam in die Wandnische einmauern, ich habe alle Maurer Utensilien mitgebracht, damit kommende Generationen sich von unserer Intelligenz überzeugen können, wenn sie die Zeitkapsel im Jahre 2121 öffnen werden! Also wir teilen uns jetzt in Gruppen ein, treffen uns dann mit den Berechnungen, gleichen diese ab und erstellen daraus eine Synthese. Los, los zählt durch! Immer von 1 bis 10. Nummer 1 ist jeweils die Lead Person, Nummer 10 diejenige, die alles notiert und das Resultat dann in den Hochleistungsrechner einbringt! Viel Spaß und Erfolg bei der Arbeit, ruft der Professor uns dann zu. Wir beginnen. Arbeiten hart. Der Rechner auch. Die Synthese wird am Ende des Tages vom Supercomputer ausgespuckt. Mit dem Hinweis: 'Absolut geheim. Lesen des Inhalts ist lebensgefährlich! Nur zum Einmauern bestimmt'. Der Professor beginnt mit dem Bohrer. Bricht einen Backstein aus. Legt das Ergebnis im vom Rechner versiegelten Umschlag in einen kleinen Behälter. Schließt diesen. Legt ihn in die Lücke. Mauert zu. Dankt uns allen. Weist darauf hin, dass er der elektronischen Post eine an seine in hundert Jahren in seinem Professorenamt stehende Nachfolgende mit allen notwendigen Öffnungsinstruktionen gesandt habe. Entlässt uns, wünschte eine gute Nacht.
100 Jahre später. Gleicher Ort. Der Hörsaal bis auf den letzten Platz mit Künstlichen-Intelligenz-Wesen besetzt, die wissbegierig die Öffnung der Zeitkapsel miterleben wollen. Die Kapsel wird entnommen. Der Code eingegeben. Und es erscheinen auf dem Laser Bildschirm nur 2 kleine, aber groß geschriebene Worte:
FORT-SCHRITT ...
Und hier, da Restaurantbesuche nach wie vor nicht möglich sind, als kleine Kompensation ein weiterer Gastro Tipp aus dem meiner Feder entsprungenen GUIDE SCHISCHELIN
(Taschenbuch ISBN-13: 978-1521750827
eBook ASIN: B073PFPKNH)
PDF-Download >>
https://www.francois-loeb.com/fileadmin/wochengeschichte/Buffet_de_la_Poste.pdf
Geniessen Sie die ersten Frühlingstage!
Herzlichst Ihr François Loeb