Veröffentlicht: 14.11.2020. Rubrik: Unsortiert
Da, wo sich Fuchs und Igel Gute Nacht sagen
Eigentlich weiß ja keiner so richtig wo sich diese Gegend befindet. Doch wenn ihr neugierig seid, dann hört einmal zu, denn ihr werdet staunen. Es soll diesen Ort wahrhaftig geben.
Vor vielen Jahren reiste ein reicher Kaufmann mit der Kutsche durch das Land. Er handelte mit orientalischen Gewürzen, mit Gold-und Silberwaren aus Indien und feinsten Teppichen aus Persien. Er reiste von einer Stadt in die nächste. Auf Märkten und Plätzen verkaufte er seine Waren. Hatte er genügend Geld eingenommen, packte er seine Sachen ein und fuhr weiter. Jahr ein und Jahr aus. Ohne sich auszuruhen, ohne sich etwas zu gönnen. Seine Familie hatte er monatelang nicht gesehen. Er wusste nicht einmal wie es ihr in dieser Zeit ergangen war.
So war es auch an diesem Tag, als er auf dem Marktplatz einer kleinen Stadt seinen Handel beendete. Er hatte etliche Teppiche und Gewürze verkauft und schickte sich an in seine Kutsche zu steigen, um ein Nachtlager in der Umgebung zu suchen. Müde und zerschlagen sprach er einige Leute an, wo man denn eine ordentliche Herberge zur Übernachtung fände.
Das hörte ein kleiner Zigeunerjunge. Er sprach den Händler an und nannte ihm einen Ort, von dem dieser noch nie etwas gehört hatte. „Und wie gelangt man dahin?“ fragte er den Jungen. „Mein Herr,“ erwiderte dieser, „ich werde ihnen den Weg zeigen, ich begleite sie“. Das war dem Kaufmann recht, denn er war schon müde von getaner Arbeit. „Setz dich zu mir in die Kutsche.“ Schnell stieg der Knabe ein und die Fahrt begann. Sie verließen die Stadt, fuhren an saftig grünen Wiesen und gelbblühenden Rapsfeldern vorbei und gelangten in den nahegelegenen Wald.
Es war ein dunkler Eichenwald. Nach einer Weile fragte der Kaufmann den Knaben, „wie lange wird es denn noch dauern, bis wir in der Herberge angekommen sind?“ Der kleine Zigeunerjunge antwortete: „Nun es dauert schon noch ein Weilchen“. „Nenne mir doch einmal den Ort in dem sich die Herberge befindet,“ fragt er den Jungen. „Den eigentlichen Namen des Ortes kenne ich nicht. Aber mein Vater und schon mein Großvater sagten stets, es ist dort wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.“ „So, so,“ brummte der Kaufmann in seinen Bart. Er wurde zusehends müder und war dem Einschlafen nahe. Nach einer Weile tauchte vor ihnen ein Gasthaus mit hell erleuchteten Fenstern auf. Sie fuhren durch einen gewaltigen steinernen Torbogen und hielten im Hof an. Der Wirt begrüßte die Ankommenden freundlich und zeigte ihnen die Zimmer. Gut eingerichtete große Räume mit herrlich bequemen Betten begeisterten unseren Kaufmann. Schnell war er sich mit dem Wirt im Preis einig und der Handel war vollbracht. Die Pferde kamen in den Stall, erhielten Futter und frisches Wasser. Der Handelsmann verzehrte noch ein gut schmeckendes Abendbrot und begab sich auf sei Zimmer. Doch als er es betreten hatte, geschah etwas Eigenartiges: Ein Fuchs betrat das Zimmer begrüßte ihn und sprach: „Wundere dich nicht, ich kann sprechen. Du bist hier im Reich der Tiere und einige von uns beherrschen die menschliche Sprache. In Kürze stelle ich dir meinen Freund den Hasen vor, auch er spricht eure Sprache.“ Nach einer Weile klopfte es und der Hase erschien. „Einen wunderschönen guten Abend und einen angenehmen Aufenthalt wünsche ich dir. Du befindest dich, wie es mein Freund der Fuchs schon erwähnt hat, im Reich der Erholung und des Schlafes. Nicht jedem gelingt es zu uns zu gelangen. Doch einige schaffen es. Es sind Menschen wie ihr, die in eurem Leben Hektik und Spannungen ausgesetzt sind, die von einem Ort zum anderen eilen, die unermüdlich rackern. Sie arbeiten Tag und Nacht ohne Rast und Ruh, meist für Fremde, selten für sich. Sie sind in ihrem Tagesablauf so fest eingebunden, dass sie nicht bemerken, dass auch noch andere um sie herum leben, nahe Verwandte, Eltern. Geschwister, Ehepartner. Und an irgendeinem Punkt sind diese Menschen ausgebrannt, total erschöpft und müde.
Und dann sind wir da, um ihnen zu helfen. Wir versuchen ihnen wieder den Weg zu Ruhe und Beschaulichkeit zu zeigen. Wir müssen ihnen beibringen ihr Leben neu zu ordnen. Mancher muss sich dabei total umstellen. Er tut es freiwillig und bemerkt es erst, wen er wieder in eurem Reich der Menschen ist, dass sich etwas Entscheidendes getan hat. Der Mensch fühlt sich wie umgewandelt, wie neu geboren. Voller Tatendrang will er von nun an mit seinen Verwandten und Freunden gemeinsam das Leben meistern.“
Während der Rede des Hasen, hatte der Fuchs ein erfrischendes Getränk und ein paar leichte Speisen herangeschafft. Auf einem Tablett befand sich ein Glas sprudelndes Mineralwasser und kleine belegte Toastschnitten. Dazu gab es Gurken-und Tomatenscheiben, sowie leicht gesalzene Radieschen. Der Hase fuhr in seiner Rede fort: „Wisst ihr Menschen eigentlich wie leichtsinnig ihr mit eurer Gesundheit umgeht? Wie ihr Tag für Tag euren Körpern Schaden zufügt ohne Rücksicht zu nehmen. Statt die belastenden Arbeiten zu verteilen und damit für Entspannung zu sorgen, treibt ihr den Körper ununterbrochen zu Höchstleistungen. Bricht der Abend herein und damit das Ende der Arbeitszeit, setzt ihr euch wiederum großen Belastungen aus. Statt dem Körper Ruhe und Erholung zu gewähren, wird er einem ungesunden Essen, viel zu fetten Speisen und alkoholischen Getränken in maßlosen Mengen belastet. Kein Wunder. dass viele Menschen diesen Belastungen nicht standhalten können und erkranken.“
Der Fuchs hatte sich lautlos entfernt und vorher frische Badetücher in das Bad gelegt. Der Hase entgegnete dem Kaufmann weiter: „Du wirst nach dem leichten Abendbrot noch einen Spaziergang durch den angrenzenden Park tätigen, anschließend ein wohltuendes Entspannungsbad nehmen, um danach in einen tiefen erholsamen Schlaf zu fallen. Du wirst sehen, morgen in der Frühe fühlst du dich wie neugeboren, erholt und voller Tatandrang. Nach dem morgendlichen Duschen und einem angemessenen Frühstück beginnt für dich ein neuer Tag. Danach wirst du unsere Herberge verlassen und wirst uns nie wieder treffen können, denn dieses Glück, welches du erfahren hast, hat jeder Mensch nur einmal in seinem Leben. Und dann denke bitte daran, welche Empfehlungen wir dir in Zukunft für deinen Tagesablauf gegeben haben: Meide Hektik, Hast und Rennerei. Überlege erst und beginne dann mit dem Arbeitsprozess. Verlebe deine Abende so, wie wir dir den heutigen gestaltet haben. Nach einem Monat wirst du bemerken, dass du im Vergleich zu früheren Zeiten entschieden mehr geschaffen hast. Das Wichtigste, du fühlst dich gesund und voller Lebenskraft.
Und noch etwas: Du wirst uns beide niemals wieder begegnen können. Du hast einmal in deinem Leben das Glück gehabt uns kennen zu lernen. Berichte es den anderen Menschen in deiner Umgebung, damit auch sie ihre Lebensweise ändern und verbessern können. Merke dir: Du warst heute da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen,“
„Sag mal Bettina, wie hast du denn heute Nacht geschlafen? Also ich hatte einen Traum…! Weißt du, Bettina, ich habe mir geschworen, ab heute werden wir alles völlig anders machen, wir zwei, mit unseren Kindern, den Freunden und Verwandten.“ „ Gern, Reinhard, ich bin dabei.“