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geschrieben von Friedrich Malinowski.
Veröffentlicht: 30.07.2020. Rubrik: Unsortiert


Die Ziege und die Abrissbirne

Als Kekke Khelo aus Kolo Hinde, einem kleinen Dorf in Guinea, drei Meilen mit dem Boot von den Tinkisso- Wasserfällen entfernt, nach einer abenteuerlichen Reise auf Lampedusa angespült wurde, hatte er fast die halbe Welt gesehen. Und nicht alles, was er gesehen hatte, machte ihm große Hoffnungen.

Dann wurde er verteilt und kam nach Bayern.

Hier fand er Arbeit in einem Abrissunternehmen. Seitdem ging es aufwärts mit Kekke Khelo. Er lernte ein wenig von der Sprache, von den Bräuchen und wunderte sich zwischendurch über die absonderliche Gewohnheit, wie hier zu besonderen Anlässen kurze Hosen getragen wurden. In seinem Dorf konnte sich sogar der Ärmste eine lange Hose leisten.

Kekke Khelo lernte schnell. Wer überleben will, muss auch kurze Hosen in Kauf nehmen.

Nur die Gewohnheit, Häuser einzureißen, brachte ihn um seinen Seelenfrieden. Für eine so schöne Ruine hätte man in seinem Kral die letzte Ziege hergegeben. Aber hier zählte nur die Abrissbirne.

Nach drei Monaten konnte sich Kekke Khelo seine erste Suppe im Conti leisten.

Nach weiteren zehn Tagen, hatte er sein erstes amouröses Abenteuer. Im Conti!

Eine Frau mit einem Löffel in der Hand, kam an seinem Tisch, machte große Augen, nickte ihm dann freundlich zu, setzte sich zu ihm und begann von seiner Suppe zu löffeln.

Für Kekke Khelo aus Kolo Hinde war das nichts Besonders. Da, wo er herkam war es sogar Brauch; es festigte die Stammeszugehörigkeit. Das man aber hier in Bayern auch schon so weit war…

Seine neue Tischgefährtin gefiel ihm außerordentlich, auch wonach sie roch, mochte er. Auch die schmale Hand, die das Glas hielt, aus der sie seine Cola trank. An dieser Frau war einfach alles perfekt. Nun gut, mit der Verständigung wollte es nicht so richtig voran gehen. Aber war das wichtig?

Ihre Mittagspause schien vorbei zu sein. Sie stand auf, tätschelte kurz seine Wange, wie man es gelegentlich mit Leuten macht, denen man etwas Gutes hat zukommen lassen und griff nach ihrer Handtasche. Wollte. Die Handtasche war weg. Auch ihre Jacke hing nicht mehr über dem Stuhl.

Panik ergriff sie.

Kekke Khelo bemerkte ihre Aufregung, wenn er auch nicht wusste, warum es ging. Vielleicht die Suppe, schoss es ihm durch den Kopf. Er verstand nichts von bayrischen Mägen, aber die warme Suppe, die kalte Cola.

Während sie sich verzweifelt umschaute, fiel ihr Blick auf einen Tisch in ihrer unmittelbaren Nähe. Dort hing ihre Jacke über der Stuhllehne. Zusammen mit ihrer Handtasche. Und auf dem Tisch stand ein Glas Cola und ein Teller Suppe.

Nur der Löffel fehlte.

Mein Gott, war ihr das peinlich. Sie schaute sich nach Kekke Khelo aus Kolo Hinde um, aber der war schon auf dem Weg zu seiner Abrissbirne.

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