Veröffentlicht: 27.06.2020. Rubrik: Unsortiert
Erste Sehnsucht
"Wir gehen dann.", verkündete er seine Messerscharfen Worte, welche sich in mein Herz bohrten. In mein armes, kaputtes Herz. Trotz des unendlich erscheinenden Schmerzes, ließ ich mir nichts anmerken, konnte mir sogar ein nettes Lächeln auf meine rosaroten, zerkauten Lippen drängen, auch wenn in mir ein Sturm tobte.
Natürlich war mir bewusst, dass dies eines Tages geschehen musste, immerhin hat alles sein Ende. Mein Aufenthalt in der Provinz Bursa’s war eine kurze, dennoch wunderschöne Erfrischung meines trostlosen Alltags. Vater und Mutter hatten zwei ganze Jahre nur für diese viel zu schnell vergehenden Wochen gespart, was ich mehr als nur schätzte. Sie versuchten wirklich alles für uns, ihre Kinder, zutun, doch manchmal reicht es einfach nicht, aber dies nehme ich meinen Eltern keinesfalls übel. Immerhin können sie nichts für ihr Kind, welches in ihrer Freizeit mit Messern spielte und versucht ihren Selbsthass unter Kontrolle zubringen, denn eins hatte man mir, schon seit ich ein kleines Kind war, beigebracht; zeige niemals deine Gefühle. Dies gelang mir eher semi mäßig, doch dies ist jetzt eine ganz andere Geschichte. Ich wurde durch ein lautes Lachen seinerseits zurück in die Realität katapultiert. Dieses reine & raue Geräusch bereitete mir eine Gänsehaut, welche eine angenehme Wirkung auf mich hatte, auch wenn die Situation alles andere als angenehm ist. Nachdem er meine Mutter zum Abschied (ihr könnt euch kaum vorstellen, wie sehr ich dieses Wort verachte) umarmte, war ich an der Reihe. Wir standen uns gegenüber, ich hatte enorme Angst, dass er meinen hohen Herzschlag hören könnte. Ein leichtes Lächeln schmückte seine Lippen, was mich automatisch auch verlegen zum grinsen brachte. "Wir sehen uns. Und hör auf soviel am Telefon zu sein.", scherzte er, wie üblich, mit seinem provokanten Lächeln, was mich noch trauriger machte als sonst. "Mach ich.. bis bald.", konnte ich nur unter Tränen hauchen, daraufhin zog er mich in eine Umarmung. Zum allerersten Mal umarmten wir uns, es war seinerseits eine oberflächliche, meinerseits eine warmherzige Umarmung. Ich versuchte in diese Umarmung all meine unausgesprochenen Gefühle zu stecken, all meine Gedanken ihm gegenüber, meine Zuneigung für ihn.
Als wir uns lösten, uns das letzte mal in die Augen starrten, da kam es mir so vor als wüsste er alles.
Als hätte ich Zuviel gesagt, gezeigt.
Ich fühlte mich auf eine merkwürdige Art und weise ertappt, was er wohl bemerkte, denn er zwinkerte mir noch zu, bevor er mit seiner Verlobten durch die Haustür ging. Ein unbekanntes, schmerzerfülltes Gefühl durchbohrte mein in Brand stehendes Herz und schnell flüchtete ich in das Wohnzimmer, wo ich auch bitterlich an fing zu weinen. Das schluchzen konnte ich kaum unterdrücken, zu sehr tat es weh.
Ich wollte wieder seine Anwesenheit spüren.
Ich wollte ununterbrochen bei ihm sein, seine rauchige Stimme wieder war nehmen, die mich jeden Tag so lächeln ließ. Seine verspielten Wortwitze wieder hören, welche jedermanns Stimmung wieder aufgehoben hatte.
Zum aller ersten Mal empfand ich das Gefühl von Sehnsucht. Und es ist verdammt nochmal zum schreien.