Veröffentlicht: 01.03.2020. Rubrik: Fantastisches
Shifter
Der wind rauschte in ihren Ohren. Das weiche Moos pikste in ihre Ballen als sie durch den Wald raste. Nur noch ein paar Meter. Gleich hatte sie es. Alle ihre Sinne waren auf das Kaninchen vor ihr konzentriert. Sie bereitete sich auf den Sprung vor. Der Geruch des Tieres ließ ihr schon das Wasser im Maul zusammenlaufen. Mit einem kräftigen Sprung katapultierte sie sich vor und spürte das Kaninchen schon fast zwischen ihren Pranken. Leider entschied sich das dumme Tier aber noch in letzter Sekunde einen Haken zu schlagen. Mit ausgestreckten Vorderbeinen landete sie mitten in einem Gebüsch. Es wäre ja schön gewesen, wenn das schon das Ende ihres jämmerlichen Jagdversuches gewesen wäre aber nein natürlich war das Pech mal wieder auf ihrer Seite. Hinter dem Gebüsch ging ein Steiler Abhang hinunter den sie prompt runter kullerte. Jaulend und knurrend versuchte sie sich an irgendetwas festzukrallen wie eine dicke Ranke oder eine Wurzel, aber leider bekamen ihre Krallen nichts zu fassen. Mit einem letzten Aufprall war sie endlich am Rand der senke angekommen. Ihr Kopf schwirrte und sie hatte bestimmt ein paar große Fetzten ihres kastanienbraunen Fells eingebüst. Sie versuchte sich auf wackligen Beinen hoch zu Stämmen, aber das bereitete ihr nur größere Kopfschmerzen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie zu warten bis der Schwindel vorbei war. Als er nach einer Weile verebbte versuchte sie nochmal die Augen zu öffnen. Um sie herum waren überall große Eichen und Buchen. Alle Bäume hier mussten schon sehr alt sein. Sie waren riesig. Zwischen den Bäumen wuchsen vereinzelt Büsche mit verschiedenen Beeren. Beeren! Dem Himmel sei Dank! Ihre wilde Hetzjagd war doch nicht umsonst gewesen. Das Kaninchen lachte sich jetzt gerade in seinem sicheren Bau kaputt. Die Sonne viel durch das Blätterdach der Bäume und warf wilde Muster auf das frische Graß. Ein kleiner Bach schlängelte sich von dem Hang hinab wo sie gerade Hals über Schwanz runter gestürzt war. Das klare Wasser plätscherte fröhlich vor sich her und da merkte Lyra erst was für einen Durst sie hatte. Seit vorherigem Abend hatte sie nichts mehr gegessen und am Sonnenaufgang hatte sie nur kurz etwas aus einer abgestandenen Pfütze getrunken. Langsam versuchte sie sich aufzusetzen. Sie streckte jedes Bein vorsichtig aus, um zu prüfen das sie sich nichts gebrochen oder gestaucht hatte. Das hätte ihr nämlich jetzt so gar nicht in den Kram gepasst. Es war schon schlimm genug allein in der Wildnis zu überleben und dann noch mit einem gebrochenen Knochen? Nein danke. Das konnte sie jetzt so gar nicht gebrauchen. Lyra schaute an sich herab. Überall hingen kleine Zweige, Moosfetzen und Farnreste in ihrem Pelz. Eigentlich sah sie recht gut in ihrer Wolfsgestallt aus als geschmeidige Wölfin mit glattem braunem Fell und bernsteinfarbenen Augen aber jetzt gerade hätte sie bestimmt den mutigsten Hirsch in die Flucht geschlagen. Sie schüttelte sich rasch und leckte sich ein paar Mal mit ihrer rauen Zunge über ihr zerzaustes Fell. Nachdem sie auch noch die hartnäckigste Klette entfernt hatte trabte sie vorsichtig auf den Bach zu. Man konnte sich in der Wildnis nie sicher sein. Hinter jedem Baum könnte eine Gefahr nur warten bis sie nur nah genug an ihr dran war. Wenn sie eins gelernt hatte dann war es immer auf der Hut zu sein.